Log: in / out

Einzelansicht für Meldungen

01-07-15
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim
EdF-Antrag

Kühlwasser von Fessenheim erhitzt den Rhein und die Gemüter


Das Akw Fessenheim ist nah am Wasser gebaut. Foto: dpa

Das Akw Fessenheim braucht eine neue wasserrechtliche Genehmigung. Nach einer Offenlegung des Entwurfs geht das Verfahren nun in die Endphase. Inhaltlich gibt es nach wie vor Kritik – in Frankreich wie in Deutschland.

EdF will sich eine Wassertemperatur von bis zu 28 Grad genehmigen lassen, auf die der Rheinseitenkanal durch gebrauchtes Kühlwasser erwärmt werden darf.

Ob und in welchem Maße die französische Atomaufsicht (Asn) Einwände gegen den EdF-Antrag berücksichtigen wird, ist unklar. Sophie Letournel, Leiterin der für Fessenheim zuständigen Asn in Straßburg, versichert, ihre Behörde werde alle Einwände prüfen und über eventuelle Veränderungen beraten.

Untersuchungen im Auftrag der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins haben nachgewiesen, dass die Temperatur des Rheinwassers in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen ist. Zum Teil geht das auf das Konto der Klimaerwärmung. Einen beträchtlichen Beitrag haben auch die Kernkraftwerke entlang des Flusses geleistet, darunter das Akw Fessenheim am Rheinseitenkanal – es ist zudem das Einzige, das keinen Kühlturm besitzt. Die Wärmezufuhr durch eingeleitetes, gebrauchtes Kühlwasser – pro Jahr sind es bei Fessenheim 3600 Megawatt – wirkt sich laut Suzanne Gazal, Präsidentin des wissenschaftlichen Beirats der Fessenheim-Informationskommission (Clis), je nach Betriebsstärke des Akw mit einer Erhöhung um bis zu zwei Grad Celsius bis nach Marckolsheim, Straßburg und Iffezheim aus – also bis zu 100 Kilometer weiter.

Gazal hat den Antrag von EdF und den durch die Atomaufsicht überarbeiteten Genehmigungsentwurf analysiert. Immerhin sollen zahlreiche Schadstoffwerte im rückgeführten Kühlwasser sinken. Ein geringerer Wert als bisher wurde auch bei der erlaubten Wassertemperatur angesetzt. Gazal, Expertin für Umwelt- und Gesundheitsrisiken an der Universität Toulouse, bemängelt allerdings, EdF habe hierfür keine ausreichend differenzierten Messewerte vorgelegt. "Bestimmte Fischarten reagieren sehr sensibel auf abrupte Temperaturschwankungen", sagt Gazal. "Wir fordern deshalb drei Messungen pro Tag." Durchschnittswerte oder gar Jahresmengen würden wenig über die punktuelle Belastung für die Wasserfauna aussagen. Insgesamt erkennt sie bei der Darstellung der Umweltbelastung durch den Kühlwasserverbrauch "schwere methodische Fehler".

Die jetzige Regelung ist Jahrzehnte alt

Auch die deutschen Nachbarn sehen die Vorlage skeptisch. In Deutschland wird derzeit die Verordnung für Oberflächengewässer modifiziert. Wenn nach der neuen Genehmigung für Fessenheim im Rheinseitenkanal mit Temperaturen von bis zu 28 Grad, in Ausnahmesituationen sogar von 29 Grad zu rechnen ist, könne laut Freiburgs Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer der angestrebte deutsche Orientierungswert von maximal 25 Grad ab Breisach nicht erreicht werden. Es sei bekannt, dass eine Erwärmung konkret den Sauerstoffgehalt des Wassers beeinträchtigt. "Unter dieser Voraussetzung", so Schäfer, "können wir der wasserrechtlichen Genehmigung für das Akw Fessenheim nicht zustimmen." Die jetzige Regelung ist Jahrzehnte alt. Von Umweltschützern wird seit Jahren eine Neufassung gefordert, nicht zuletzt in der Hoffnung, dass die Umweltstandards verbessert würden. Die alte Genehmigung bleibt vorerst in Kraft. Nach einer weiteren Abstimmung innerhalb der Asn muss das französische Umweltministerium noch seine Zustimmung geben. Bis dahin dürften noch Monate vergehen.

Der von EdF gewünschte Grenzwert ist umso erstaunlicher, als EdF in Fessenheim weder den alten Maximalwert von 30 Grad noch den neuen ausgeschöpft hat. Warum gibt EdF also nicht den Forderungen der Kritiker nach und setzt ihn bei 25 Grad an? Sichert man sich so Spielräume für Zwischenfälle?

Für Suzanne Gazal weist der EdF-Antrag eine weitere bedenkliche Schwachstelle auf. "Es hat mich erstaunt, dass keinerlei Angaben darüber gemacht werden, in welchen Konzentrationen und zu welchem Zeitpunkt Sedimente zugeführt werden dürfen." Große Mengen Sand sowie andere feste Bestandteile aus dem Kanalwasser werden zusammen mit dem gepumpten Kühlwasser angesogen. Zum Teil können sie mit Schwermetallen belastet sein. Bedenklich wäre es allein schon, so Gazal, wenn sie unkontrolliert oder in zu großer Menge auf einmal ins Wasser zurückgeschüttet würden. Dabei seien auch kontinuierliche Temperaturkontrollen notwendig – die bislang nicht vorgesehen sind. Derzeit wird das Material auf dem Akw-Gelände gelagert.

Fessenheim ist das älteste französische Atomkraftwerk und soll nach den Plänen der sozialistischen Regierung bis Anfang 2017 stillgelegt werden. Ob es jedoch dazu kommt, ist ungewiss. Als Voraussetzung für eine Stilllegung gilt ein neues Energiegesetz, das noch nicht alle parlamentarischen Hürden genommen hat. Das Gesetz begrenzt die Produktion von Atomstrom. Sobald der neue Reaktor EPR in Nordfrankreich nach mehrfachen technischen Problemen wohl 2017 ans Netz geht, muss im Gegenzug ein anderes Akw abgeschaltet werden. EdF hat bislang keine Anstrengungen unternommen, den Regierungsplänen entgegenzukommen.

===

   Online Kommentare:
================

Die veröffentlichten Kommentare geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Gustav Rosa: 01. Juli 2015 - 05:25 Uhr

    Der Grenzwert "ist umso erstaunlicher", Mdm. Gazal hat es "erstaunt"... beim Thema AKW Fessenheim kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus!

    Gegen dieses dubiose "Genehmigungsverfahren" sind Ende letzten Jahres viele Einsprüche eingereicht worden. Darin finden sich tausend Gründe für ein sofortiges und endgültiges Abschalten. Wieso erstaunt es mich nicht, dass darüber nicht berichtet wird?

===

Justina Scherr: 01. Juli 2015 - 13:29 Uhr

"ABSCHALTEN"


Letzte Meldungen

Donnerstag 11. of März 2021
Montag 01. of Februar 2021
Montag 16. of November 2020
Montag 09. of November 2020
Montag 02. of November 2020

Treffer 1 bis 5 von 1393

1

2

3

4

5

6

7

nächste >