COLMAR. Draußen vor der Präfektur in Colmar, wo die lokale Überwachungskommission Fessenheim (Clis) am Montag zusammentraf, stehen sie nebeneinander und skandieren ihre Forderungen: Deutsche und französische Atomkraftgegner mit gelben Bannern, darauf rote Sonnen: "Atomkraft nein danke! Stopp Fessenheim". Daneben jene, die ihr Akw verteidigen: die Beschäftigten. Sie warnen vor einem dramatischen sozialen Niedergang, vor Arbeitsplatzverlust, verwaisten Schulen und Schwimmbädern. Sie schimpfen auf die Regierung, die sie auf dem Altar der französischen Energiewende opfere.
Vergangene Woche erst hat Umweltministerin Ségolène Royal das zugehörige Gesetz vorgestellt. Die atomkraftkritische Szene in Frankreich schrie auf. Fessenheim ist darin nicht namentlich erwähnt. "Ich bin weiter positiv gestimmt, dass es zur Stilllegung kommen wird", sagte gestern Jean-Paul Lacôte, einer der führenden Köpfe der Umweltschutzorganisation Alsace Nature im Elsass und Mitglied der Clis. "Alle Signale, die ich von meinen Kontakten aus der Nationalversammlung habe, sprechen dafür, dass Fessenheim geschlossen wird."
Die Abschaltung des Akw Fessenheim wird nun zwischen dessen Betreiber Electricité de France (EdF) und der Regierung ausgehandelt. Die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer lassen derlei Unwägbarkeiten nicht an den offiziellen Zusagen aus Frankreich zweifeln. Bei der Präsidiumssitzung der Oberrheinkonferenz am vergangenen Freitag habe der Straßburger Präfekt die deutschen Partner beruhigt. "Auf französischer Seite gibt es nach unseren Informationen keine Anzeichen, dass ein anderes Akw als Fessenheim zur Disposition steht", sagte Bärbel Schäfer gestern gegenüber der Badischen Zeitung. Fessenheim soll im Gegenzug zur Inbetriebnahme eines neuen Reaktors, dem EPR im nordfranzösischen Flamanville, geschlossen werden. Kern des neuen Gesetzes beim Thema Atomenergie ist, dass es eine Obergrenze für die zu produzierende Menge Atomstrom festlegt. Eine Schließung des elsässischen Akw legen auch andere französische Pläne nahe. Der Stromnetzbetreiber RTE investiert im Elsass für Leitungen und neue Umspannungswerke 60 Millionen Euro. Und zwar ausdrücklich, damit auch dann genügend Strom fließt, sobald Fessenheim vom Netz genommen ist. Dass die Sorge um die Sicherheit von Fessenheim begründet ist, nährt ein Problem, das die Atomaufsicht (ASN) im Mai 2014 in allen französischen Reaktoren ausgemacht hat. In 44 von ihnen, darunter Fessenheim, wurde das Problem auf Stufe eins der internationalen Störfallskala bewertet. Offenbar sind Pumpen in den Abklingbecken nicht voll funktionstüchtig. "Im Fall eines Bebens", trug die neue Leiterin der ASN Straßburg Sophie Letournel gestern in der Clis vor, "könnte die Kühlung der verbrauchten Brennelemente gefährdet sein." Das Problem soll schnell in allen Anlagen beseitigt werden.
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Online Kommentare:
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Gustav Rosa: 24. Juni 2014 - 07:49 Uhr
Ja, das Ende ist in Sicht! Die Frage ist jetzt nicht mehr "ob" sondern "wann" das AKW endgültig vom Netz geht.
Trotzdem kein Grund um sich zufrieden zurückzulehnen. Noch gibt es großen Widerstand und viele Ängste der Betroffenen.
Gegen Ersteres braucht es den Druck der Straße, die Protestbewegung. Ansonsten bleibt die Politik gefragt: Für unsere Region kommt viel (Zusammen)Arbeit auf Bürgermeister und Gemeinderäte zu - auf beiden Seiten des Rheins.
J'aime Fessenheim sans nucléaire!