Am Montagabend fand am Neutorplatz in Breisach die 50. Mahnwache gegen das Atomkraftwerk im nahe gelegenen Fessenheim statt.
BREISACH. "Das ist ein Jubiläum, auf das ich gern verzichten könnte. Aber wenn es nötig ist, haben wir auch die Durchhaltekraft, 100 und noch mehr Mahnwachen abzuhalten", sagte Gustav Rosa. Der Niederrimsinger gehört zu den Initiatoren der Breisacher Montags-Mahnwachen gegen Kernkraftwerke und für die vorrangige Stilllegung des AKW Fessenheim. Am 18. April vergangenen Jahres fand die erste Mahnwache statt, jetzt traf man sich bereits zum 50. Mal.
Nach der Atomkatastrophe von Fukushima im März 2011 trafen sich in vielen Städten der Region Menschen zu Kundgebungen, um gegen Kernkraftwerke und speziell gegen das AKW in Fessenheim zu demonstrieren. Heute gibt es nach Angaben von Rosa nur noch in Müllheim und in Breisach wöchentliche Mahnwachen. Zu dem kleinen Jubiläum waren etwa 80 Atomkraftgegner aus Breisach, Gemeinden des Kaiserstuhls und dem Elsass gekommen, darunter auch der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Bayer.
Ben Sedrine Besma: "Die Franzosen werden über die von der Kernkraft ausgehenden Gefahren nicht genügend informiert."
"Wir haben in dieser Zeit an Akzeptanz und Sympathie gewonnen, auch bei denen, die uns anfänglich reserviert gegenüberstanden", resümiert Rosa. Er ist froh, dass sich ein fester Kreis gebildet hat, der jeden Montag um 18 Uhr am Breisacher Neutorplatz mit gelb-roten Antiatomkraftfahnen und Transparenten die Abschaltung der Atomkraftwerke anmahnt. Zu ihnen gehört auch der Breisacher Jörg Nahrwold, der mit Skepsis die Frage beantwortet, ob die Kundgebungen denn auch etwas bewirkt haben. Das Feindbild, das es früher in der breiten Öffentlichkeit gegen die Antiatomkraftgegner gab, sei ausgestorben, meint er. "Aber die Befürworter dieser Technologie arbeiten im Dunkeln weiter", so Nahrwold, "deshalb müssen wir die Mahnwachen fortsetzen."
Die Französin Bensedrine Besma arbeitet in einem Fessenheimer Betrieb, ganz nahe am Kernkraftwerk. Seit einiger Zeit lebt sie auf der anderen Rheinseite in Wyhl. Sie schätzt, an etwa 40 Mahnwachen in Breisach teilgenommen zu haben. "Die Franzosen werden über die von der Kernkraft ausgehenden Gefahren nicht genügend informiert", klagt sie. Besonders wertvoll für sie sei, dass man auf dem Neutorplatz Kontakte zu deutschen Atomkraftgegnern knüpfen könne.
Günter Sacherer aus Oberrotweil gehörte 1971 zu den Mitbegründern des Komitees gegen die Umweltgefährdung von Kernkraftwerken und darf sich zu den Anti-Atom-Aktivisten der ersten Stunde zählen. Seit dem vergangenen Jahr war er bei etwa 30 Montags-Mahnwachen auf dem Neutorplatz dabei. "Am Anfang sind wir noch belächelt worden, aber inzwischen erleben wir eine größere Solidarität", hat er festgestellt, und weist auf die öffentliche Aufmerksamkeit hin, die die Mahnwachen erfahren. So hätten beispielsweise auch japanische Fernsehjournalisten über die Treffen berichtet.
Zusammen mit seiner Partnerin Ute Friedrich hatte Sacherer am Montagabend aus Schokoküssen und Keksen hergestellte kleine "süße Atomkraftwerke" für die Mahnwachenteilnehmer mitgebracht. Zum Jubiläum gab es auf dem Neutorplatz außerdem Live-Musik mit Christiane Portele, Roland "Buki" Burghart, Theodor Ziegler und Gerold Jäger. Sie stimmten Anti-AKW-Lieder an, darunter auch solche, die schon vor 40 Jahren bei den ersten Protesten gegen den Bau von Atomkraftwerken am Oberrhein erklungen sind. Zustimmung und Beifall erhielten auch die beiden 13-jährigen Breisacher Schülerinnen Franziska Schubert und Vanessa Siebler. Sie boten einen Antiatomkraft-Rap dar.
Die Breisacher Mahnwachen gegen das AKW in Fessenheim werden fortgesetzt. Das nächste Treffen ist am Ostermontag um 18 Uhr auf dem Neutorplatz.
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Online-Kommentare in der Badischen Zeitung:
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Gustav Rosa: 04. April 2012 - 09:16 Uhr
Ja, 50 Wochen sind eine lange Zeit. Eine Zeit wo jeder Montag mit Vorbereitungen, dann mit der Mahnwache und anschließend mit Bildbearbeitung und Berichterstellung für das Internet ausgefüllt ist. So viel Zeit hat man nicht - so viel Zeit muss man sich nehmen! Und es hat auch genau so lange gedauert, bis die Badische Zeitung Notiz von uns genommen hat. Dafür ist dieser Bericht aber ausgewogen und sachlich fundiert.
Der Rebland Kurier und auch Regionalia haben schon öfter vom Neutorplatz berichtet. Breisach Aktuell meidet uns wie der Teufel das Weihwasser…
Ähnlich verhalten sich die Lokalpolitiker. Lothar Menges ist fast immer dabei, in regelmäßigen Abständen auch drei ULB Stadträte. Trotz persönlicher Einladung ignorieren die restlichen Gemeinderäte und der Bürgermeister diese Aktion beharrlich, obwohl auf Seiten der Mahnwacher alle politischen Richtungen vertreten sind.
Zu unserer Jubiläumsveranstaltung noch einmal ein großes Dankeschön der Organisatoren an alle Unterstützer und Mitwirkenden. Wir sind zuversichtlich, dass unser Protest nicht ungehört bleibt und werden unbeirrt weiter machen - bis das AKW in Fessenheim endlich endgültig abgeschaltet ist.
Am Rande muss - der Ausgewogenheit zuliebe - auch noch hinzugefügt werden, dass bei dieser Mahnwache nicht nur Atomkraftgegner dabei waren. Es gab auch vereinzelte Personen die sich einfach nur „durchgefuttert“ haben. Und an dem Antiatom-Pkw wurden zwei in Eile gefertigte weiße Plakate angebracht, auf denen mit schwarzer Schrift die Parolen: „ATOM MIT ALLEM JA BIDDE“ und „PRO ATOMKRAFT“ aufgemalt waren. Ein Zeichen mehr, dass es auch bei uns noch großer Überzeugungskraft bedarf, bevor die Energiewende endgültig vollzogen ist.
Eine Übersicht über alle bisherigen Mahnwachen und sonstigen Aktionen in der Region unter: spd-breisach.de