Der französische Präsident François Hollande hatte versprochen, das dienstälteste französische Atomkraftwerk Fessenheim bis 2017 zu schließen. Doch der Termin scheint nicht mehr zu halten zu sein.
Zwei Jahre vor der vom französischen Staatspräsidenten François Hollande geplanten Stilllegung des elsässischen Atomkraftwerks Fessenheim ist noch immer ungewiss, ob der Termin vor einem möglichen Regierungswechsel im Frühjahr 2017 zu halten ist.
Bislang hat der Akw-Betreiber Electricité de France (EdF) gegenüber der französischen Atomaufsicht keine Schließung des Standortes Fessenheim angekündigt. "Ab diesem Zeitpunkt hat EdF bis zu zwei Jahre Zeit, um die für die Abwicklung nötigen Unterlagen bei uns abzugeben", sagte gestern die Leiterin der ASN Straßburg, Sophie Letournel, bei der Jahrespressekonferenz der staatlichen Kontrollbehörde.
Es liege in der Hand von EdF, ob der Konzern diese Frist tatsächlich ausschöpfe oder sie verkürze. Bis zu einer kompletten Stilllegung inklusive Rückbau dürften anschließend weitere Jahre vergehen. Unter diesem Aspekt scheint es eher unwahrscheinlich, dass es bis Anfang 2017 zu einer Stilllegung oder mindestens einer Abschaltung des Akw kommt.
Neuer Reaktor wird in Flamanville gebaut
EdF hat jedoch ein verstärktes, wirtschaftliches Interesse, Fessenheim baldmöglichst vom Netz zu nehmen. Ein von den in Frankreich regierenden Sozialisten auf den Weg gebrachtes Energiegesetz begrenzt die aus Atomkraft produzierte Strommenge von bislang 75 auf künftig 50 Prozent des Energiemixes. EdF kann den Reaktor neuen Typs, den EPR, der seit 2007 im nordfranzösischen Flamanville gebaut wird, nur dann in Betrieb nehmen, wenn es vorab ein anderes Akw schließt. Staatspräsident Hollande hat sich seit seiner Wahl 2012 auf Fessenheim festgelegt. Seine Umweltministerin Ségolène Royal hatte die Entscheidung EdF überlassen wollen, war von Hollande jedoch korrigiert worden.
Die Inbetriebnahme des EPR wurde jüngst erneut verschoben. Fest steht, der EPR wird 2017, wie EdF inzwischen plant, nur dann ans Netz gehen, wenn der Stromkonzern rechtzeitig angekündigt, das ein anderer Standort (wahrscheinlich Fessenheim) im Gegenzug geschlossen wird. Jede weitere Verzögerung dürfte sich nachteilig auswirken.
Könnte eine Schließung wieder rückgängig gemacht werden?
Zum einen erhöhen sich die Kosten, die jetzt schon mit, wie die Tageszeitung Le Monde schreibt, 9 Milliarden Euro fast das Dreifache der ursprünglich vorgesehenen Investitionen erreicht haben. Zum anderen will der Stromkonzern seinen Reaktor ins Ausland verkaufen. Technische Mängel wirken da nicht gerade förderlich.
Marc Hoeltzel, dem in Straßburg die ASN und die Umweltbehörde unterstehen, antwortete gestern auf die Frage, inwieweit eine neue, dann konservative Regierung das Energiegesetz und eine Schließung des Akw Fessenheim wieder rückgängig machen könne: "Ein Gesetz wird genauso wenig in ein paar Tagen außer Kraft gesetzt wie es auf den Weg gebracht wird."
Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy, der für die bürgerliche Rechte wieder ins Rennen gehen möchte, hat bei einem informellen Besuch in Fessenheim unlängst angekündigt, er werde im Falle seiner Wahl eine Schließung des Akw wieder rückgängig machen.
Sicherheitsmanagement und Strahlenschutz geben der Atomaufsicht indes keinen Anlass für eine vorzeitige Schließung des Akw Fessenheim, seit 1977 in Betrieb und damit das älteste, noch produzierende französische Akw. Mit "insgesamt zufriedenstellend" klingt das Gesamturteil, Ergebnis von insgesamt 51 Kontrollen auf dem Akw-Gelände in Fessenheim nach einer mäßigen Schulnote.
Gleichwohl handelte sich EdF anlässlich zweier Vorfälle im Frühjahr eine Rüge seitens der Kontrolleure ein. "Wir sind der Ansicht, dass EdF beim Umgang mit diesen Vorfällen nachlässig war und dass wir vom Betreiber Verlässlichkeit erwarten können", sagte Sophie Letournel. Nach einem ersten Rohrbruch vom 28. Februar war am 5.März, dann in Anwesenheit von ASN-Kontrolleuren, erneut eine Leitung gerissen. EdF hatte den ersten Zwischenfall in ihrer Meldung an die Behörde heruntergespielt.
Fessenheim ist seit 1977 am Netz. Baden-Württemberg und Umweltschützer im Dreiländereck warten seit langer Zeit auf die Schließung des Atomkraftwerks dicht an der deutschen Grenze.
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Online Kommentare:
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Die veröffentlichten Kommentare geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
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Patrick Pfefferle: 16. Juni 2015 - 13:40 Uhr
Warum überrascht mich das nun nicht wirklich?! Das ist und war doch vorauszusehen, dass hier alles dazu unternommen wird, um die Schließung zu verzögern, und selbst in 5 Jahren ist das Ding noch in Betrieb. Da strahlen jetzt bestimmt ein paar EDF-Verantwortliche und frz. Politiker um die Wette!
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charbonnier antoine: 16. Juni 2015 - 16:52 Uhr
Bonjour.
j'ai honte ,est les mots me manque.....pas encore!!!...pas encore!!!...pas encore!!!...boum!!!...BOUM!!!...trop tard!!!Ich wurde gern sehen wenn die deutch ein AKW in Hartheim gebaute hetten ....wie mir franzosen unser grosse klape öffne wurden.
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Christian Wetzel: 16. Juni 2015 - 17:22 Uhr
@charbonnier antoine
das waere nicht erlaubt - Frankreich hat fuer den Rhein das alleinige Nutzungsrecht.
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Christina Link: 16. Juni 2015 - 19:31 Uhr
Das Ding wird laufen bis es platzt. Danach braucht man sich um Kehrwoche und das hier so beliebte Thema Müll keine Gedanken mehr zu machen.
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Gustav Rosa: 16. Juni 2015 - 19:54 Uhr
Im Süd-Westen nichts Neues?
Kaum verdichten sich die Gerüchte, dass der Abschalttermin näher rückt und schon muss die Atomlobby gegensteuern. Die EdF wird sich hüten, von sich aus die Stilllegung eines Atomkraftwerks anzukündigen. Die große Politik in Paris ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um ihre verkündeten Pläne ernsthaft und mit Nachdruck umzusetzen. Und für die ASN hat der Begriff Sicherheit eine eigenartig komische Bedeutung...
Visionen und Vernunft weichen wirtschaftlicher Macht und Profitgier.
Interessanter wäre es allemal herauszufinden, warum der französische Energiekonzern plötzlich so nervös wird und diese Schlagzeilen provoziert? Auch wenn der Druck der Straße zurzeit etwas träge vor sich her dümpelt - immer mehr Lokalpolitiker von beiden Seiten des Rheins fragen immer lauter, wann endlich abgeschaltet wird.
Im Süd-Westen doch etwas Neues?
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Klaus Günthert: 16. Juni 2015 - 21:57 Uhr
Wer glaubt das Fessenheim in diesem Jahrzehnt vom Netz geht, glaubt wohl auch das wir bald mit Elektroautos fahren.
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Bernhard Dietenbach: 16. Juni 2015 - 22:31 Uhr
Schade, aber nicht überraschend.
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Patrick Rinklin: 16. Juni 2015 - 22:51 Uhr
Eigentlich müsste man das AKW sofort abbauen und im Herz von Paris hinstellen. Ich versichere, das AKW würde keine fünf Jahre mehr betrieben werden. Da wäre die Angst zu groß.
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Hans-Otto Glaser: 17. Juni 2015 - 00:36 Uhr
2015, 2017, 2030, 2050.....
Vorausgesetzt, dieser alte Schrottkasten fliegt uns nicht vorher um die Ohren.