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08-09-15
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim
Atomkraft

Umstrittenes Akw Fessenheim soll erst 2018 geschlossen werden


Fessenheim soll erst 2018 geschlossen werden – und der Rückbau dauert dann auch noch einige Jahre. Foto: AFP

Der französische Präsident François Hollande hatte versprochen, das dienstälteste französische Atomkraftwerk Fessenheim bis 2017 zu schließen. Jetzt wurde der Termin verschoben.

Ségolène Royal hat bei einem Straßburgbesuch am Dienstag den Spekulationen über eine Stilllegung des Akw Fessenheim ein Ende gemacht: Fessenheim wird erst Ende 2018 vom Netz gehen. Gedrängt wurde sie zu diesem Eingeständnis durch erneute Mängel am Druckbehälter des Reaktors EPR, der im nordfranzösischen Flamanville gebaut wird.

"Ich appelliere an die französische Regierung, ihre Zusagen einzuhalten und (...) Fessenheim spätestens Ende 2016 abzuschalten."
Umweltminister Untersteller
Einst galt er als ehrgeiziges Projekt des französischen Stromkonzerns Electricité de France (EdF) für einen leistungsfähigeren Atomreaktortyp. Doch immer wieder verzögerten sich die Arbeiten. Ursprünglich peilte man 2012 für die Inbetriebnahme an. In diesem Frühjahr war noch von 2017 die Rede. Vor einer Woche redete EdF-Chef Jean-Bernard-Lévy dann Klartext: Vor dem vierten Trimester 2018 wird die Anlage, deren Kosten von einmal 3,3 auf heute 10,5 Milliarden explodiert sind, nicht funktionsfähig sein.

Für die regierenden Sozialisten und Umweltministerin Royal bedeutet das: Eines der zentralen Wahlversprechen ist nicht zu halten. Fessenheim wird nicht bis zur Wahl 2017 vom Netz gehen. Auch wenn EdF rechtlich relativ unkompliziert eine Stilllegung durchführen könnte – dazu dürfte es erst kommen, wenn der Konzern dazu gezwungen ist. Laut neuem französischem Energiegesetz ist das dann der Fall, wenn der EPR zur Produktion bereit ist. Im Gegenzug muss EdF nämlich einen anderen Standort schließen.

Royals Blicke zwischen Entrüstung und Verunsicherung

Deshalb exerzierte Royal in Straßburg, wo sie am Dienstag mehrere umweltpolitische Vorzeigeprojekte besuchte, eine ihrer gekonntesten Übungen nicht so leicht durch: das interessierte Lächeln. Denn als das Stichwort Fessenheim bei der Besichtigung eines Ökoviertels ein erstes Mal fiel, blieb sie kurz sprachlos und raunzte: "Was hat das hiermit zu tun?" Ihr Blick schwankte zwischen Entrüstung und Verunsicherung. Eine Besuchsstation später – Royal weihte eine Kläranlage ein, die zur Produktion von Biogas ausgerüstet wurde – hatte sie sich wieder gefangen und räumte ein, dass sich die Schließung von Fessenheim bis 2018 verzögere.

Aber auch dann hat EdF im Übrigen die Wahl. Zwar hat Präsident Hollande das Aus von Fessenheim versprochen. Das Energiegesetz legt den Stromriesen jedoch nicht auf Fessenheim fest. Schlussendlich dürfte EdF auf eine Abwahl der Sozialisten 2017 spekulieren.

Proteste ubd Besorgnis auf deutscher Seite

Baden-Württemberg hat unterdessen besorgt auf die Neuigkeiten aus Frankreich reagiert. "Ich appelliere an die französische Regierung, ihre Zusagen einzuhalten und das Kernkraftwerk in Fessenheim spätestens Ende 2016 abzuschalten", erklärte Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Er wies darauf hin, dieser Abschalttermin sei wiederholt aus Paris bestätigt und auch nicht an Voraussetzungen geknüpft worden.

Kritik an den Ankündigungen Royals übte auch die Grünen-Atomexpertin im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl. "Es kann doch nicht sein, dass wir unsere gefährlichen Altmeiler abschalten, direkt an der Grenze aber ein noch gefährlicherer Schrottmeiler bis zum Sankt Nimmerleinstag laufen darf", erklärte sie in Berlin. Kotting-Uhl forderte ein Eingreifen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), um die zügige Stilllegung Fessenheims zu erreichen. Die beiden Reaktoren in Fessenheim wurden 1977 in Betrieb genommen und sind die ältesten in Frankreich. Atomkraftgegner und Politiker in Frankreich, Deutschland und der Schweiz fordern seit langem die Stilllegung des als besonders pannenanfällig geltenden Atomkraftwerks.  

Online Kommentare:
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Die veröffentlichten Kommentare geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Dieter Neufeld: 08. September 2015 - 15:39 Uhr

    Es wäre gut auch etwas über zusätzliche Sicherheitsmassnahmen zu erfahren!
    Oder hat man "nur" der verständlichen, aber politisch unklugen Art für die "Maximal Forderung, bzgl. Schliessung" eine Absage seitens Frankreich erteilt?

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R.J. Bernard: 08. September 2015 - 15:43 Uhr

    Und das ist genau der Knackpunkt: im Herbst 2017 wird ein neuer Staatspräsident gewählt, und allem Anschein nach wird François Hollande bei seiner jetzigen Bilanz wohl kaum wiedergewählt werden. Seine politischen Gegner, und vor allem Sarkozy (der große Merkel-Freund), haben schon immer betont, dass sie den Meiler bis zur Kernschmelze weiter am Netz lassen werden.
    Es war ein geschickter Schachzug von Hollande, 2012 mit seinem Versprechen der Stillegung einige zusätzliche Stimmen zu erhaschen (auch meine, ich gebe es zu, ich Depp) und die französischen Grünen zu besänftigen.

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Heiner Dubois: 08. September 2015 - 16:29 Uhr

    Wie ich es bei der Wahl Hollandes prophezeit habe ist es nun gekommen. Nicht mit sofortiger Schließung, auch nichts mit Schließung vor Ablauf der ersten Amtszeit.
    Und schon gar keine Schließung unter seinem Nachfolger, denn eine Wiederwahl Hollandes wird es nicht geben.

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Uwe Kleiner: 08. September 2015 - 20:25 Uhr

    Da hat Frau Kotting-Uhl doch Recht: Ja warum denn nur ?

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Carl Ruf: 08. September 2015 - 21:05 Uhr

    Für Frankreich/Paris ist das Elsaß wie Baden für Deutschland/Berlin eine zu vernachlässigende Randregion, wo man nicht investiert und auch noch Unbeliebtes abladen kann...

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Gustav Rosa: 08. September 2015 - 21:21 Uhr

    "Laut neuem französischem Energiegesetz ist das dann der Fall, wenn der EPR zur Produktion bereit ist." FALSCH!
    Das neue französische Energiegesetz legt fest, dass der Anteil an Atomstrom von aktuell 75% in den kommenden 10 Jahren auf 50% reduziert werden muss. Ein Anfang könnte das Abschalten der Reaktoren im AKW Fessenheim sein.
    Die EDF hat die Kopplung an den Start des EPR in Flamanville ins Gespräch gebracht. Ein Ablenkungsmanöver, auf das Politiker und Medien bereitwillig hineinfallen. Der Atomlobby gefällt das...

    Am Sonntag wurde ein Reaktor im AKW Fessenheim abegschaltet. Begründung: Kein Bedarf an Atomstrom - man wolle die Uranstäbe nicht unnötig verbrennen.
    Am Montag verkündet Eric Straumann vollmundig, das AKW werfe jährlich 300000000 € Gewinn ab. Eine dreiste Lüge! Seriös ermittelte Zahlen belegen, dass seit 2010 kaum schwarze Zahlen geschrieben werden. Herr Straumann kennt diese Zahlen und hat sie nicht dementiert! Eigentlich auch eine Schlagzeile wert...

    Ohne Präsidentenerlass wird das AKW Fessenheim wohl erst endgültig abgeschaltet, wenn es sich selbst abschaltet. Es liegt in der Hand von Monsieur le Président, wohin die Grand Nation hinsteuert. Madame Royale gefällt das ???

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Martin Nägele: 08. September 2015 - 21:58 Uhr

    @Carl Ruf,
   "Für Frankreich/Paris ist das Elsaß wie Baden für Deutschland/Berlin eine zu vernachlässigende Randregion, wo man nicht investiert und auch noch Unbeliebtes abladen kann..."    Aufgrund der zentralistischen Regierung in Frankreich hinkt dieser Vergleich.    Ich würde sagen, das Elsaß ist für Paris das, was die Uckermark für Stuttgart ist.

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Hans-Otto Glaser: 09. September 2015 - 00:04 Uhr

    2014, 2015, 2016, 2017, 2018....    St. Nimmerlein, oder bis uns das alte Schrottdings endlich um die Ohren fliegt.    Warum lässt sich der deutsche Michel immer so von der Grande Nation und heissgeliebten EU-Partner verarschen?

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Klaus Kramer: 09. September 2015 - 00:45 Uhr

    Es ist wie immer in letzter Zeit in der EU. Vereinbarungen, Zusagen und Verträge interessieren keinen mehr, jeder macht was er will. Griechenland, Flüchtlingskrise, England oder auch nur diese kleine Aktion von wegen Fessenheim abschalten, von der "Führungsnation" Deutschland ganz zu schweigen.

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Michael Berner: 09. September 2015 - 01:03 Uhr

    Was hat das jetzt wieder mit der EU zu tun?

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Klaus Kramer: 09. September 2015 - 02:07 Uhr

    @Michael Berger,
    in erster Linie hat es damit zu tun das Zusagen und Versprechen von Politikern ständig gebrochen werden. In diesem Fall war der neue EPR Reaktor bei der Zusage nicht als Voraussetzung genannt worden. Durch die Lage an der Grenze gehe ich davon aus, das die Deutsche Regierung unter dem Eindruck der Wahlschlappe in BaWü und auch die grüne Regierung in BaWü darauf hingewirkt haben. Die Lage von Fessenheim ist zu nah an D das dies nicht auch ein deutsches Thema ist, besonders wenn man die übliche Windrichtung und den Rhein mit einbezieht. Für mich ist es dadurch auch ein EU Thema, genauso wie Bankenrettung oder Flüchtlingskrise. Außerdem habe ich die EU erwähnt um darauf hinzuweisen das es sich hier nicht um irgendwelche "Schurkenstaaten" handelt.

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Wolfgang Stockbauer: 09. September 2015 - 06:43 Uhr

    So Ihr Lieben, et kütt wie et kütt, sagt der Rheinländer.
    Obwohl auch ich für die Abschaltung bin, tut es mir nach den vielen Prügel, die ich einstecken mußte, irgendwie gut, daß sich die Franzosen nicht durch unsachliche Kritik aus der Ruhe bringen lassen. Alle meine Argumente haben sich doch letztlich bewahrheitet. Und noch einen kleinen Seitenhieb. Mit Kraftausdrücken wie Schrottmeiler usw. kann man auch die Franzosen nicht beeindrucken...

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Hans-Otto Glaser: 09. September 2015 - 08:11 Uhr

    " Mit Kraftausdrücken wie Schrottmeiler usw. kann man auch die Franzosen nicht beeindrucken..."    Mag ja sein, Herr Stockbauer - aber man darf Tatsachen nennen, und da sich Frankreich immer noch als "Grande Nation" [ed.] sieht, geht's auch mit höflicheren Ausdrücken nicht.

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Dieter Neufeld: 09. September 2015 - 11:47 Uhr

    Was fehlt ist ein nachvollziehbarer Exit- oder Abschaltolan für Fessenheim. Solange darüber nicht gesprochen wird, sind alle "Ankündigungen oder vermeintliche Zusagen" politisches Volks-Verdummungsgeschwätz!
    Das freut sowohl die Anti- wie die Atomlobby gleichermassen.

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Uwe Kleiner: 09. September 2015 - 16:04 Uhr

    Ich wiederhole meine seit längerem erhobene Forderung, gebrochene Politikerversprechen unter Strafe zu stellen. Man kann ja auf EU-Ebene damit anfangen. Deutschland würde mir aber schon reichen.

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Gustav Rosa: 09. September 2015 - 22:43 Uhr

    Die unüberlegte Aussage einer offenbar überforderten Umweltministerin hat zurecht für eine Welle des Protests auf beiden Seiten des Rheins gesorgt. Also jetzt die Richtigstellung, die ebenso mit Vorsicht zu genießen ist: www.badische-zeitung.de/elsass-x2x/fessenheim-schliessung-franzoesische-regierung-dementiert-vage--111130878.html
    In knapp vier Monaten beginnt das Jahr 2016. Wir werden die französische Regierung an diese Aussage von heute erinnern, damit dann auch gleich mit der endgültigen und unumkehrbaren Stilllegung der Reaktoren im AKW Fessenheim begonnen wird!

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Wolfgang Stockbauer:  10. September 2015 - 08:00 Uhr

    "Die unüberlegte Aussage einer offenbar überforderten Umweltministerin"
    Herr Rosa, was gibt Ihnen das Recht, so über eine Ministerin zu urteilen? Und tragen solche Aussagen (wie auch immer wieder die Bezeichnung "Schrottmeiler") zu einer vernünftigeren Verständigung bei? Man kann über die Sache sicherlich diskutieren und seinen Ängsten Ausdruck verleihen, aber eine bessere Wertschätzung, was im übrigen auch für die Sicherheitsingenieure gilt, würde insbesondere uns besser zu Gesicht stehen. Auch das Land Baden-Württemberg ist wohl in der ganzen Angelegenheit nicht ganz unbeteiligt. Und nur Lippenbekenntnisse helfen da ja wohl auch nicht weiter...

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Gustav Rosa: 10. September 2015 - 09:58 Uhr

    Beim Thema AKW Fessenheim von Vernunft zu sprechen ist zynisch.
    Die Regierung des Landes Baden-Württemberg (re)agiert oft etwas hilflos.
    Dass die Aussage von Montag in Straßburg unüberlegt war, belegen die Berichte von gestern.
    Überfordert ist jemand, der das, was er sich vorgenommen hat, nicht hinbekommt.

    Übrigens: Dies ist nicht die geeignete Plattform für persönliche Dispute. Wir können gerne unsere Argumente direkt austauschen. Ich stehe jeden Montag zwischen 18:00 und 19:00 Uhr auf dem Neutorplatz in Breisach...

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Wolfgang Stockbauer: 10. September 2015 - 10:17 Uhr

    Danke, darauf kann ich verzichten. ..

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Hans-Otto Glaser: 10. September 2015 - 10:35 Uhr

    @Herrn Stockbauer. Ihr Zitat: "wie auch immer wieder die Bezeichnung "Schrottmeiler"

    Na ja - aber Sie wollen doch nicht behaupten, daß eines der ältesten AKW (was Fessenheim ja ist) die modernste Technik enthält.
    Nicht nur wir Menschen altern - auch technische Einrichtungen und Bauten. Im Übrigen: Was man bisher von Pannen und Ausfällen aus Fessenheim erfahren konnte (das Meiste wird eh verheimlicht), läss nun mal keine andere Bezeichnung zu.

    Ach ja, und noch etwas: Warum wollen Sie eigentlich nicht mit Herrn Rosa persönlich diskutieren?


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