Die französische Atomaufsicht hat – wie erwartet – den Betrieb von Block eins des AKW Fessenheim für weitere zehn Jahre genehmigt. Bedeutet das, dass das umstrittene Kernkraftwerk am Netz bleibt?
Nein – zumindest nicht automatisch. Frankreichs Regierung deutet aber an, dass dass man vor einer Laufzeit-Verlängerung die Ergebnisse des Stresstests abwarten will, die im Herbst vorliegen sollen.
Ihre Entscheidung knüpft die Atomaufsicht ASN an eine Reihe von Bedingungen. Das Atomkraftwerk sei in der Lage, so ASN-Chef André-Claude Lacoste, weitere zehn Jahre Strom zu produzieren. Allerdings knüpfte er die Verlängerung an die Bedingung, dass die Sockelplatte des älteren der beiden Druckwasserreaktoren in Fessenheim nachträglich verstärkt wird. Dafür setzen die Kontrolleure der ASN dem Stromkonzern Electricité de France (EDF) eine Frist bis Juni 2013.
Kosten von 100 Millionen Euro?
Bis Ende 2011 muss der Betreiber zudem einen Vorschlag einreichen, wie die Nachrüstung technisch umgesetzt werden kann. Experten, die seit langem die Stärke der Bodenplatte als unzureichend bemängeln, halten eine nachträgliche Verstärkung für ausgeschlossen. Mit einer saftigen Rechnung wird die Forderung der ASN in jedem Fall zu Buche schlagen: Auf 100 Millionen Euro hatte die französische Tageszeitung Le Figaro kürzlich die Kosten beziffert.
Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen verlangt die Atomaufsicht auch für das Notkühlsystem, das Maschinengebäude und für die Abklingbecken. Zudem soll das AKW besser gegen die Auswirkungen von Erdbeben geschützt werden. Vor knapp einem Monat hatte die ASN Fessenheim in seinem Jahresbericht noch als sicherheitstechnisch zufriedenstellend und gleichauf mit dem Durchschnitt der 58 französischen Atommeiler bewertet.
Bevor die Beurteilung der ASN nun in eine Verlängerung der Laufzeit mündet, muss die französische Regierung grünes Licht geben. In der Vergangenheit war sie den Empfehlungen der ASN stets gefolgt. Nach Fukushima dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein: Die zuständige Ministerin Nathalie Kosciusko-Morizet äußerte unlängst, vor Mitte November würden keine endgültigen Entscheidungen über die Laufzeiten der Reaktoren getroffen. Dann sollen die Ergebnisse der Stresstests, die in Frankreich nach der Katastrophe von Fukushima wie auch in anderen europäischen Staaten in die Wege geleitet wurden, vorliegen.
"Auch wenn die Empfehlung unter Auflagen ausgesprochen wurde, bin ich nicht wirklich zufrieden." Julian Würtenberger
In der grenzüberschreitenden Region haben die atomkritischen Verbände die Entscheidung gestern mit Bestürzung aufgenommen. Seit den Ereignissen von Fukushima sprachen sich zahlreiche Städte sowie die trinationalen Gremien für eine Stilllegung aus. Auch Regierungspräsident Julian Würtenberger zeigte sich über die ASN-Empfehlungen enttäuscht. "Auch wenn die Empfehlung unter Auflagen ausgesprochen wurde, bin ich nicht wirklich zufrieden", so der Regierungspräsident am Rande eines Informationsaustausches mit dem Schweizer Staatssekretär Peter Maurer gestern in Rheinfelden. Würtenberger setzt seine Hoffnung auf den ausstehenden Stresstest. Wenn der Stresstest zu einem negativen Ergebnis führe, gäbe es für ihn nur eine Konsequenz, die Stilllegung der Anlage.