Ein grenzüberschreitendes Forschungszentrum soll die Region am Oberrhein bereichern – und es könnte an einem Ort entstehen, der bisher eher umstritten als umgarnt ist: in Fessenheim.
Am Oberrhein soll ein neues, grenzüberschreitendes Forschungszentrum entstehen, ein "European Campus", wie es Gunther Neuhaus, stellvertretender Rektor der Universität Freiburg bei der Präsentation des Projekts vor dem Oberrheinrat nannte.
Der Präsident des Oberrheinrates, der ehemalige Landtagspräsident Willi Stächele, nannte das Vorhaben einer "Großforschungsinfrastruktur" ein historisches Projekt. "Wir haben da eine tolle Sache auf den Weg gebracht", sagte Stächele in Freiburg. Getragen werden soll es von allen Universitäten am Oberrhein.
Naturwissenschaftlicher Forschung – nicht ohne Ethik
Vorgesehen ist nach Angaben von Neuhaus die Einrichtung von drei Forschungsschwerpunkten: Bio-Innovationstechnologie, Mikrosystemtechnik und Materialwissenschaft. Diese Wissenschaftsbereiche sind am Oberrhein bereits gut vertreten. Und es finden sich auch bereits Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind und das Forschungszentrum beleben könnten. Den großen Vorteil sieht Neuhaus darin, dass mit der festen Einrichtung eines solchen Zentrums diese vorhandenen Forschungsbereiche künftig besser vernetzt werden sollen. "Wir haben außerdem die Möglichkeit, Großgeräte oder Instrumente gemeinsam zu beschaffen", sagte Neuhaus. Zudem sollen nicht zuletzt "Wissenschaftler auch gemeinsam berufen werden".
Eine zweite Besonderheit dieses "European Campus", der sich von seinem Anspruch her mit den besten Institutionen messen will, besteht in der engen Verzahnung mit den Ethik- und Rechtswissenschaften, die an den Universitäten zwischen Karlsruhe und Basel traditionell stark vertreten sind. Das Ineinandergreifen naturwissenschaftlicher Forschung mit ethisch-moralischen und juristischen Fragestellungen sei zunehmend wichtig.
Nach Angaben von Neuhaus haben die Universitäten bereits damit begonnen, ihre Institute zu vernetzen. Auch wurden erste Anträge auf Forschungsförderung gestellt. In einer Designstudie sollen nun die Perspektiven einer solchen von der EU geförderten Einrichtung ermittelt werden. Entsprechend werden die verschiedenen Regierungen aufgefordert, das Projekt zu unterstützen.
Neue Perspektive für den Ort Fessenheim?
Als Standort ist das Gelände des Atomkraftwerks Fessenheim in der Diskussion. Das Akw soll nach einem Wahlversprechen von Frankreichs Staatspräsident François Hollande bis 2016 stillgelegt werden. Dadurch könnte die elsässische Gemeinde eine neue Perspektive erhalten. Dort haben die Menschen große Sorgen um ihre Zukunft, wenn durch die Schließung Arbeitsplätze verloren gehen.
Im Zusammenhang mit Fessenheim hat der Oberrheinrat, in dem gewählte regionale Volksvertreter aus den drei Ländern sitzen, auch eine Resolution verabschiedet, die konkret auf die Zeit nach der Stilllegung des Akw zielt. Anders als bei früheren Resolutionen gab es diesmal keinen substanziellen Widerspruch aus Frankreich. Im Gegenteil. "Ihre Resolution kommt genau richtig", sagte Philippe Richert, der Präsident des elsässischen Regionalrates. Nach Ansicht des Regionalrates würde sich Fessenheim als Standort für ein Forschungszentrum zum Thema Rückbau von Atomanlagen eignen.
Aber nicht nur das. Gemäß der Resolution könnte in Fessenheim zusammen mit dem benachbarten Gewerbepark Breisgau eine Art Konversionsmodell realisiert werden. Der Oberrheinrat greift damit eine Idee auf, wie sie auch schon Mitglieder des Regionalverbandes vorgeschlagen haben: Die Einrichtung eines Zentrums für erneuerbare Energien (vor allem Solarenergie) und die Förderung der Energieeffizienz – ein Zentrum also, um die Energiewende voranzutreiben.