In 25 der 58 französischen Kernreaktoren sind Rost-Schäden an den Hüllen der Brennelemente festgestellt worden – auch in Fessenheim. Die Atomaufsicht verlangt den Austausch der anfälligen Teile.
Der Stromkonzern Electricité de France (EdF) hat seit Jahren in fast der Hälfte seiner Atomkraftwerke Brennelemente eingesetzt, die besonders verschleißanfällig sind. "Spätestens 2009 stand für EdF fest, dass die Brennstäbe in bestimmten Anlagen ungewohnt schnell korrodierten", sagt die französische Kernphysikerin Monique Sené. Betroffen seien laut dem Online-Magazin Mediapart 25 der 58 französischen Reaktoren, darunter die beiden ältesten in Fessenheim.
Mediapart veröffentlichte vor wenigen Tagen internes Material, das dem Portal aus EdF-Kreisen zugespielt worden war. In der Kritik steht die Ummantelung der Brennelemente in den Druckwasserreaktoren. Durch zu starke Korrosion können Risse entstehen. Am Mittwoch verlangte Umweltminister Franz Untersteller von seinem französischen Amtskollegen Philippe Martin eine Klärung der Sachlage. In seinem Brief forderte er eine möglichst zügige Stillegung von Fessenheim, um die Gefährdung der Bevölkerung zu minimieren. Das AKW soll 2016 vom Netz genommen werden.
Weniger hochwertige Ummantelung?
Warum aber rosten die Brennstäbe in einigen der französischen Anlagen frühzeitig? Monique Sené, die sich seit 20 Jahren als Gutachterin mit mehreren französischen Kernkraftwerken beschäftigt hat, führt das Problem auf den Wechsel des Lieferanten zurück. Bis 2001 habe EdF seine Brennstäbe ausschließlich vom französischen Produzenten Areva bezogen. "Danach wollte EdF nicht mehr nur von einem Hersteller abhängig sein." Die nun in der Kritik stehenden Akw würden vom US-Konzern Westinghouse ausgerüstet. Die Probleme mit Korrosion seien nur so zu erklären, dass die Ummantelung weniger hochwertig sei.
Brennstäbe werden mit Zirkaloy verkleidet, einem Werkstoff, der zu 90 Prozent aus Zirkonium besteht, das als besonders widerstandsfähig gegen Rost gilt, der Rest sind weitere Metalle. Ein zu geringer Zirkonium-Anteil beeinträchtigt die Schutzwirkung der Hülle. Brennstäbe dieses Typs dürften keinesfalls länger als zwei Jahre eingesetzt werden. Üblicherweise werden Brennelemente in Frankreich nach drei Jahren ausgetauscht, und jeder Wechsel kostet Geld.
Problemkraftwerk Fessenheim
Florien Kraft, Leiter der Regionalbehörde der französischen Atomaufsicht ASN in Straßburg, stellte auf Anfrage klar: "Wir werden von EdF einen Austausch der Brennelemente mit Zirkaloy 4 durch eine weniger schnell oxidierende Legierung und eine Einschränkung des Betriebs der betroffenen Anlagen verlangen." Dieser Austausch wird sich auf mehrere Jahre erstrecken. Die ASN wurde nach eigenen Angaben 2013 von EdF über Probleme mit den Brennstäben informiert. Die Korrosion der Brennelemente-Hüllen sei aber grundsätzlich ein unvermeidlicher Prozess, sagt Kraft.
Nach Angaben von Monique Sené habe EdF seit 2009 versucht, dem schnellen Verschleiß der Brennstäbe entgegenzuwirken, zum Beispiel indem schnelles Abkühlen möglichst vermieden wurde. Aber gerade in Fessenheim ist es zuletzt mehrfach zu Schnellabschaltungen gekommen. Im Zusammenhang mit der Zehnjahresinspektion in Fessenheim, die Ende 2009 begonnen hatte, waren die Brennelemente offenbar kein Thema. "Wir haben entsprechende Fragen gestellt", sagt Sené, "jedoch keine Antwort erhalten." Christoph Küppers, Atomkraftexperte am Ökoinstitut, gibt zu bedenken, dass Korrosion nicht unbedingt bedeute, dass Spaltprodukte in das Kühlmittel übergehen. "Solche Probleme sind schwierig zu erkennen", sagt Küppers. "Es muss ein entsprechender Verdacht vorliegen, damit Messungen vorgenommen werden." EdF will sich am Freitag äußern.
===
Online Kommentare
Harald Martin - 21. Februar 2014 - 10:14 Uhr
Alles in allem eine unkontrollierbare Zeitbombe.
Dies verdeutlicht nochmals, dass der Atomausstieg folgerichtig war und unumkehrbar sein muss!
Thomas Klein - 21. Februar 2014 - 11:09 Uhr
Dieser Atommeiler so wie nach und nach alle (!) anderen gehören dringend stillgelegt !
Gustav Rosa - 21. Februar 2014 - 16:09 Uhr
In Fukushima läuft verstrahltes Wasser in riesigen Mengen ins Meer, in Fessenheim rosten die Hüllen der Brennelemente...
Ein Grund mehr, um am 9. März 2014 auf die Barrikaden (sprich "auf die Rheinbrücken") zu gehen. Alle Infos unter fukushima3.eu