Die Kernkraftgegner am Oberrhein sind entrüstet: Das Akw Fessenheim hat von seinem Betreiber eine weitere Galgenfrist erhalten. Und es ist sogar offen, ob es zur versprochenen Stilllegung kommt.
Der französische Staatschef François Hollande wird sein Wahlversprechen nicht einlösen können: Der Beschluss, das Atomkraftwerk Fessenheim abzuschalten, fällt nicht mehr in seiner Amtszeit. Der Verwaltungsrat des französischen Energieversorgers Electricité de France (EdF) hat am Donnerstagnachmittag zwar diesem Vorhaben grundsätzlich zugestimmt.
Aber den Antrag auf vorzeitige Stilllegung des Akw will die EdF entgegen den Erwartungen in der Oberrheinregion erst sechs Monate vor Inbetriebnahme des Reaktors EPR in Flamanville stellen – und dieser Termin steht noch gar nicht fest. Damit ist auch offen, ob nach einem Regierungswechsel in Paris dieser Antrag überhaupt noch gestellt wird, der den Weg zu einem präsidialen Dekret zur Stilllegung Fessenheims freimachen würde. Die Atomkraftgegner sind entsprechend empört.
Stilllegung gekoppelt an Inbetriebnahme
Das französische Energiegesetz, 2015 in der Nationalversammlung abgestimmt, koppelt die Stilllegung von Fessenheim an die Inbetriebnahme des EPR. Mit dem jetzigen Verwaltungsratsbeschluss rückt dies in immer weitere Ferne, denn ob der neue Druckwasserreaktor, wie bislang angekündigt, Ende 2018 oder 2019 in Betrieb gehen kann, ist wegen Materialfehlern ungewiss.
Die Bundesregierung hat dieses Vorgehen kritisiert: "Die heutige Entscheidung des EdF-Verwaltungsrats ist eine große Enttäuschung", erklärte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD). "Damit wurde eine wichtige Chance vertan. Die Hängepartie geht also weiter."
Atomkraftgeger sprechen von Täuschung
Sie erwarte von der französischen Regierung, dass sie zu ihrem Wort stehe und dafür Sorge trage, dass die Stilllegung des Atomkraftwerks Fessenheim zügig eingeleitet werde, sagte die Staatssekretärin aus Waldshut-Tiengen. Der Sprecher der elsässischen Anti-Akw-Initiative "Stop Fessenheim", André Hatz, erklärte, das Vorgehen von Regierung und EdF sei pure "Täuschung".
Der Verwaltungsrat hatte noch am 24. Januar die mit der Regierung vereinbarte Entschädigung für Fessenheim in Höhe von mindestens 490 Millionen Euro abgesegnet, aber weitere verbindliche Schritte an Bedingungen geknüpft. Die waren in den vergangenen Wochen erfüllt worden. Deshalb hatte man allgemein erwartet, die EdF werde nun dem Druck der Regierung nachgeben.