"Ich habe vom Bau der Berliner Mauer aus dem Fernsehen und dem Radio erfahren. Zuvor gab es bereits einige Hinweise, dass die Führung der DDR es nicht mehr länger hinnehmen wird, dass täglich bis zu 2000 Bürger nach Westberlin flüchten. Als ich die Panzer und den Stacheldraht im Fernsehen gesehen habe, wurde es mir schon etwas mulmig und ich habe das Schlimmste befürchtet, zumal sich an der Grenze in Berlin dann Soldaten der Ost- und Westmächte gegenübergestanden sind. Besonders beeindruckt hat mich die Flucht eines Volkspolizisten über den Stacheldraht und wie sich DDR-Bürger mit Hilfe von Westberlinern aus den oberen Stockwerken ihrer Häuser mit Bettlaken abgeseilt haben. Die unteren Stockwerke waren bereits zugemauert.
Richtig bewusst wurde mir die ganze Sache noch einmal ein Jahr später, als ich im Urlaub in Spanien einen ehemaligen DDR-Bürger kennengelernt habe, der während des Mauerbaus gerade in Westberlin gearbeitet hat. Er hat mir die Vorkommnisse noch einmal genau geschildert und erzählt, dass die Reisemöglichkeiten zwischen Ost- und Westberlin quasi über Nacht unterbunden worden sind. Selbst Westberliner durften mit dem eigenen Auto nicht mehr in den Ostsektor einreisen.
Der Bekannte hat auch erzählt, dass mit der Zeit der Druck auf die DDR-Bürger, die in Westberlin gearbeitet haben, immer größer geworden ist. Viele DDR-Bürger seien aufgrund der schlechten Versorgungslage in Ostberlin in den Westen geflüchtet. Er selbst hat sich am Tag des Mauerbaus entschieden, in Westberlin zu bleiben. Später ist es ihm sogar noch gelungen, seine Freundin aus Ostberlin in den Westen zu holen.
Heute schätze ich den Mauerbau als den Anfang vom Ende der DDR ein. Denn ein Staat kann nie auf Dauer sein Volk abschirmen und einsperren. Man sieht es auch in Afrika und Vorderasien, dass Diktaturen in der heutigen Zeit keine Chane mehr haben, langfristig zu bestehen. Deshalb wird sich auch Nordkorea nicht mehr lange abschotten können."
(Protokolliert von Gerold Zink)
Lothar Menges (65) ist Fraktionsvorsitzender der Breisacher SPD und von Jugend an an Politik interessiert.