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08-02-16
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim
Bürgermeister erneut nicht beschlussfähig

Veränderte Strukturen durch Gebietsreform in Frankreich / Kommunen tun sich schwer mit deutsch-französischer Zusammenarbeit.

FESSENHEIM. Es ist dunkel, es ist kalt, und es regnet. Die angenehmen Momente einer deutsch-französischen Partnerschaft, die gemeinsamen Musikfeste, Radausflüge und Bergtouren sind weit weg. Dies ist grauer Alltag. Es ist Abend, 18 Uhr. Am Gebäude des Gemeindeverbands "Essor du Rhin" an der Rue du Rhin in Fessenheim soll gleich der "Grenzüberschreitende Zweckverband Mittelhardt-Oberrhein" tagen, ein Zusammenschluss deutscher und französischer Kommunen. Um 18.10 Uhr eröffnet Fessenheims Bürgermeister Claude Brender die Sitzung im Großen Saal. Platz wäre für 24 Personen, gekommen sind drei deutsche und zwei französische Kollegen.

Eben haben sie sich freundschaftlich begrüßt, man spricht deutsch, ein Entgegenkommen der Franzosen, weil sie die Sprache des Nachbarn besser beherrschen. Doch die Miene von Brender lässt Schlimmes ahnen: "Liebe Kollegen", hebt er an, "wir sind nicht beschlussfähig." Unverständnis auf der deutschen Seite. Dies sei doch schon die zweite Einladung nach dem Treffen am 22. Dezember, das damals auch schon am mangelnden Quorum gescheitert war: Neun offizielle Vertreter müssen anwesend sein.

Die "grenzüberschreitenden Zweckverbände" sind eigentlich im besten Sinne partnerschaftliche Gemeinschaften. Sie wurden durch das Karlsruher Abkommen vom Januar 1996 möglich und sollen Fragen der Zusammenarbeit dort lösen, wo sie entstehen: auf dem untersten, aber immer bestens vernetzten Level – zwischen den Gemeinden. Auf französischer Seite machen Balgau, Blodelsheim, Fessenheim, Hirtzfelden, Munchhouse, Roggenhouse, Rumersheim-le-Haut und Rustenhart mit; die deutsche Seite wird durch Bad Krozingen, Ballrechten-Dottingen, Eschbach, Hartheim, Heitersheim, Münstertal, Staufen und den Gewerbepark Breisgau repräsentiert. Wenn sie alle da sind. Doch dieses Mal fehlen die meisten, nur Volker Kieber für Bad Krozingen, Mario Schlafke für Eschbach und Martin Löffler für Heitersheim sind gekommen. Die Bürgermeister von Ballrechten-Dottingen, Münstertal und Staufen haben ihren Kollegen Vollmachten mitgegeben.

"Das genügt mir leider nicht", entscheidet Claude Brender. Denn im Zweckverband gilt französisches Recht – ein Zugeständnis, das die deutsche Seite den Franzosen machen musste, um diese Kooperation beginnen zu können. Weil der Sitz in Fessenheim ist, wird nach französischem Recht vorgegangen. Und das sieht nicht vor, dass sich offizielle Repräsentanten vertreten lassen können.

Nun war diese Sitzung vor Weihnachten festgesetzt worden mit der Aussicht, bei einer zweiten Einberufung gelte das Quorum nicht, dann entscheiden die Anwesenden, egal wie viele. Doch leider hatte die französische Seite die schlechte Idee gehabt, die damalige Tagesordnung zu verändern und um einen Punkt zu ergänzen. Neue Tagesordnung, neuer Start, Quorum nötig, aber nicht erreicht: "Pardon, aber das ist leider so", merkt Claude Brender an. Ende der Sitzung.

Volker Kieber sucht einen Kompromiss. Ob man nicht die Punkte vorbesprechen und informell debattieren könnte, dann bräuchte man beim nächsten Termin weniger Zeit. "So hätte ich das bei uns in Deutschland gemacht", fügt er an. Aber die Franzosen bleiben hart – es geht nur an einem neuen Termin.

Großregion mit neuen Kommunalverbänden

So gibt es keine Diskussionen über die Verbandsumlage, den Haushaltsplan 2016, Reparaturen an der Rheinbrücke und grenzüberschreitende Kooperationen. Bis man einen neuen Termin gefunden hat, dauert es gut fünf Minuten: Jeder Chef einer Gemeinde hat unzählige Dinge zu tun, auch solche, die er (oder sie) für wichtiger hält als die deutsch-französische Zusammenarbeit. Auf diesem Feld tut sich im Elsass eine Menge. Zwar wird die neue Großregion weiter von den Konservativen beherrscht und man bleibt offen für den badischen Nachbarn. Aber als Konsequenz aus dem von der Regierung in Paris erzwungenen Zusammenschluss vieler Regionen verändern sich die Strukturen: Mitte Februar sollen sich die zwei Kommunalverbände rund um Fessenheim und Breisach zu einer großen Communauté des Communes vereinen, und die Frage ist, wer dann Gesprächspartner auf deutscher Seite sein wird.

Ein ganz großes Problem, an dem auch die deutschen Verbandsgemeinden tatkräftig mitarbeiten möchten, wird sich in diesem Jahr konkretisieren: die Zukunft des Atomkraftwerks Fessenheim. Alle deutschen Bürgermeister des Verbands sind für die sofortige Akw-Schließung, die Franzosen sind geschlossen dagegen. Aber die deutsche Seite mit ihrer Wirtschaftskraft, ihrer guten Konjunktur und ihren Ideen könnte der beste Partner sein für den Tag, an dem es um die Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Entwicklung der Region Fessenheim geht, zumal auch der Gewerbepark Breisgau Mitglied im Zweckverband ist. Es gäbe kurze Wege, ein dichtes Netz an Kooperationen, und Nachbarn stünden mit Rat und Tat zur Seite, weil es in der Region eine Win-Win-Situation wäre, krisensichere umweltfreundliche Industrien aufzubauen.

Nur erst einmal müssen sie es überhaupt schaffen, eine Sitzung hinzukriegen. Nächster Versuch: am 23. Februar.

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 Online Kommentare
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Die veröffentlichten Kommentare geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Wolfgang Stockbauer: 08. Februar 2016 - 22:49 Uhr

    was ist denn das für eine Circus-Nummer, oder war das eine gemeinsame Fasnetsitzung...

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Gustav Rosa: 09. Februar 2016 - 12:23 Uhr

    Ohne unseren Bürgermeistern zu nahe treten zu wollen: Es ist schon ein Armutszeugnis, wenn gerade auf dieser unteren politischen Ebene die Zusammenarbeit wegen mangelndem Interesse nicht zustande kommt. Das ist DIE GELEGENHEIT, aktiv Zeichen zu setzen und die Ängste unserer französischen Nachbarn vor den Folgen der endgültigen Stilllegung des Atomkraftwerks Fessenheim zu verringern.
    Vielleicht liegt es auch daran, dass das Thema viel zu ersnst ist, um in diesen närrischen Zeiten behandelt zu werden...


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