Log: in / out

Einzelansicht für Meldungen

02-10-14
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim
Es geht um unterschiedliche Philosophien

Der Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit beschäftigte sich mit einem Gutachten zur Sicherheit Fessenheims.


Im März hatte Greenpeace das Kernkraftwerk Fessenheim besetzt. Foto: dpa

BREISGAU-HOCHSCHWARZWALD (tab). Es war ein sehr technisches und damit schwer verständliches Thema, das sich der Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf die Tagesordnung seiner konstituierenden Sitzung am Dienstag gesetzt hatte: Es ging um die Sicherheit des französischen Atomkraftwerks Fessenheim, genauer gesagt um ein Gutachten des Darmstadter Ökoinstituts, das dieses im Auftrag des Landesumweltministeriums 2012 erstellt hatte. Es wurde von Christoph Pistner vom Ökoinstitut vorgestellt. Zudem war mit Sophie Letournel eine Vertreterin der französischen Aufsichtsbehörde für nukleare Anlagen ins Landratsamt gekommen.

Es waren viele Zahlen, Annahmen und Berechnungsformeln, die Christoph Pistner den Kreisräten und einigen Zuhörern vorlegte. Wie wirken sich Ereignisse wie Erdbeben und Hochwasser auf Kernkraftwerke aus, welche technischen Ressourcen haben die Anlagen, mit welchen Ausfällen ist zu rechnen und wie wird darauf reagiert? Die Grundlage des Darmstädter Gutachten stellten die Stresstests da, die die EU nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 gemacht hatte. Das Gutachten des Ökoinstituts hat die deutschen Anlagen mit dem französischen Akw verglichen und kommt zu dem Schluss, dass Fessenheim beim Schutz vor Erdbeben und Überschwemmungen, bei der Notfallversorgung mit Elektrizität und Kühlwasser schlechter dasteht als die deutschen Nachbarn. Allerdings, so Pistner, legten die Franzosen bei der Überprüfung ihrer Sicherheitsstandards andere Berechnungen und Maßstäbe – etwa bei der Stärke möglicher Erdbeben – an.

Aus einer alten Anlage kann man keine neue machen

Ein Beispiel: In Fessenheim gibt es nur einen Vorratsbehälter zur Kühlung, auf den aber verschiedene Notsysteme zurückgreifen. Geht dieser Behälter durch ein Erdbeben oder ein Hochwasser verloren, stellt das aus Sicht des Ökoinstituts eine erhebliche Sicherheitslücke dar. "Wenn ich aber von vornherein ausschließe, dass dieser einzige Vorratsbehälter verloren gehen könnte, gibt es auch kein Sicherheitsrisiko", so Pistner.

Eben weil in beiden Ländern mit unterschiedlichen Grundlagen in Sachen Sicherheitsstandards gearbeitet werde, sei ein Vergleich sehr schwierig, sagte Sophie Letournel von der französischen Atomaufsicht. Nach Vorfällen im französischen Kernkraftwerk Blayais 1999 am Atlantik und in Fukushima habe Frankreich seine Anlagen und speziell auch Fessenheim nachgerüstet. Zur Notstromversorgung seien Dieselgeneratoren angeschafft und in Sicherheitsbunkern untergebracht worden; es seien Anlagen erhöht und Pumpen eingebaut worden, die im Notfall Grundwasser zur Kühlung pumpen. Zudem sei die mobile Einsatztruppe Farn – in Frankreich nukleare Feuerwehr genannt – in Fessenheim installiert worden. Und man wolle die Sicherheit stetig verbessern.

Das glaube sie gern, sagte Dora Pfeifer-Suger (Grüne). "Doch aus einer alten Anlage kann man eben keine neue machen. Es bleibt immer bei Flickwerk." Entsetzt zeigte sie sich darüber, dass die für 2016 von Präsident Hollande versprochene Schließung Fessenheims aus Kostengründen in Frage gestellt ist. "Aber selbst zwei Jahre Laufzeit sind noch zu lang. Auch in dieser Zeit kann viel passieren", unterstrich Pfeifer-Suger die Forderung nach sofortiger Stilllegung des Akw.

Müllheims Bürgermeisterin Astrid Siemes-Knoblich (CDU) sprach von verschiedenen Sicherheitsphilosophien beider Länder: "Und die können wir hier in unserem Ausschuss nicht bewerten." Deshalb sollte sich das Gremium nicht mit technischen Parametern beschäftigen, sondern seine Energie vielmehr darauf lenken, dass Fessenheim zum anvisierten Zeitpunkt auch wirklich geschlossen werde. Rudolf Gwinner (FDP) zeigte sich nach den Vorträgen, die von zwei Dolmetscherinnen simultan übersetzt wurden, "so schlau oder so dumm wie vorher". Er hatte gedacht, dass der Ausschuss nochmals eine Resolution zur Schließung Fessenheims beschließen werde. Ein solche hatte der Kreistag im Mai 2011 erstmals verabschiedet. Im Juli 2012 wurde sie erneuert, und erst im Mai dieses Jahres hatte der Kreistag nach dem Eindringen von Greenpeace-Aktivisten in Fessenheim eine neue Resolution auf den Weg gebracht. "Ich halte es nicht für sinnvoll, jetzt nochmal nachzulegen", sagte Landrätin Dorothea Störr-Ritter. Der Landkreis habe sich genügend positioniert.

Am heutigen Donnerstag tagt die lokale Informations- und Überwachungskommission zu Fessenheim (Clis), in welcher der Landkreis vertreten ist. Auf der Tagesordnung stehen auch Informationen zu einem Vorfall in Fessenheim am 9. April, als Wasser durch einen verstopften Überlaufkanal in elektronische Anlagen eingedrungen sein soll. Die Kreistagsfraktion der Grünen fordert die Landrätin in einem Schreiben auf, in der Clis-Sitzung Fragen zu diesem Vorfall zu stellen und so dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung die Informationen erhält, die ihr zustehen.

http://badische-zeitung.de/kreis-breisgau-hochschwarzwald/es-geht-um-unterschiedliche-philosophien--92153470.html


Letzte Meldungen

Donnerstag 11. of März 2021
Montag 01. of Februar 2021
Montag 16. of November 2020
Montag 09. of November 2020
Montag 02. of November 2020

Treffer 1 bis 5 von 1393

1

2

3

4

5

6

7

nächste >