Für den französischen Präsidenten gibt es keine Zweifel: Auch nach 35 Jahren Betrieb ist das älteste Kraftwerk des Landes gut in Schuss und sicher. Auch wenn deutsche Atomkraftgegner das Gegenteil behaupten.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy will das umstrittene Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim weiter am Netz lassen. Er werde das Kraftwerk nicht abschalten, sagte der Präsident am Donnerstag bei seinem Besuch im ältesten Meiler des Landes, der nur einen Steinwurf von der Grenze entfernt liegt und den Zorn der südbadischen Anti-Atom-Bewegung bündelt.
"Es kommt nicht infrage, dieses Atomkraftwerk zu schließen" Nicolas Sarkozy
"Wäre Fessenheim unsicher, hätte ich keine Sekunde gezögert und (den Stromkonzern) EDF aufgefordert, die Anlage zu schließen", sagte der Präsident, dessen Worte mit einem wahren Beifallssturm der Angestellten begrüßt wurde.
Eine Gruppe von etwa 60 Atomkraftgegnern aus Deutschland konnte sich wegen weiträumiger Polizeiabsperrungen nicht dem Kraftwerk nähern. Vertreter des trinationalen Atomschutzverbandes (Frankreich, Deutschland, Schweiz) forderten in einem Brief den Präsidenten auf, Fessenheim sofort zu schließen. Aus ihrer Sicht ist die Anlage zu alt, pannenanfällig und von Erdbeben und Überschwemmungen gefährdet.
Fessenheim – ein symbolträchtiger Zankapfel
Am Rande des Besuchs traf eine Delegation von Atomkraftgegnern einen Berater Sarkozys und verlangte, Fessenheim zu schließen. Das Treffen sei "höflich" verlaufen. Jeder habe dem anderen zugehört, sagte ein Sprecher.
Im französischen Präsidentenwahlkampf ist Fessenheim ein symbolträchtiger Zankapfel zwischen Gegnern und Befürwortern der Kernkraft. Der sozialistische Kandidat François Hollande will im Falle seines Wahlsiegs Fessenheim schließen und bis 2025 schrittweise den Anteil der Atomkraft an der Energieversorgung um 50 bis 75 Prozent verringern. Sarkozy treibt den Ausbau der Kernkraft durch den Europäischen Druckwasserreaktor EPR voran und fördert auch den weltweiten EPR-Export.
Frankreichs Atommeiler produzieren 75 Prozent des Stroms im Land und die Nuklearindustrie gehört weltweit zur Führungsspitze. Trotzdem liefert in dieser Kälteperiode Deutschland Strom in das Nachbarland, da dort der Verbrauch – auch wegen der vielen Stromheizungen – Rekordhöhen erreicht. Über das Jahr verteilt ist Frankreich ein Exporteur elektrischen Stroms.
Fessenheim – der Oldtimer unter den AKW
Das älteste Atomkraftwerk Frankreichs mit zwei 900-Megawatt-Reaktoren ist seit 1977 in Betrieb. Die Betonplatte unter dem Reaktorbehälter von Block 1 ist mit nur eineinhalb Metern die dünnste aller französischen Reaktoren. Bei einer Kernschmelze könnte die Platte bersten und der Rhein radioaktiv verseucht werden, fürchten Kritiker. Nach der Katastrophe von Fukushima kam die französische Atomaufsicht bei einer Untersuchung zu der Einschätzung, Fessenheim könne noch zehn Jahre weiter betrieben werden. Die ASN forderte jedoch, die Betonplatte unter dem Reaktor zu verstärken und den Schutz gegen den Ausfall der Kühlung zu verbessern.