Die Arbeiten für das Kulturzentrum auf der Rheininsel starten schon im Mai. Ein Meilenstein der deutsch-französischen Kooperation und Freundschaft, wie Agnes Porth findet.
Lange Zeit blieben die unermüdlichen Appelle der Bürger für die Schließung des störanfälligen Atommeilers in Fessenheim ungehört. Doch jetzt scheint die französische Regierung tatsächlich Ernst machen zu wollen. 2019, spätestens 2021, soll der marode Reaktor endgültig vom Netz gehen. Für die Bürger – vor allem diesseits des Rheins – wäre das eine große Erleichterung.
Wer hätte aber gedacht, dass gerade die Stilllegung von Fessenheim so viel neuen Schwung in die grenzüberschreitenden Aktivitäten bringen würde? Vom deutsch-französischen Industriepark, der in der Post-Fessenheim-Ära im Elsass entstehen soll, wird Breisach möglicherweise nicht so viel haben, liegt er doch recht weit weg. Umso mehr könnte die Münsterstadt aber von der Wiederherstellung der Bahnlinie Freiburg-Breisach-Colmar profitieren.
Die neuen deutsch-französischen Großprojekte zeigen, dass sich grenzüberschreitende Politik auch im Kleinen richtig lohnt. Statt wie in Brüssel und Berlin darüber zu lamentieren, dass der europäische Motor ins Stocken geraten ist, haben die Kommunalpolitiker dies- und jenseits des Rheins – auch wenn es schwierig wurde – nie die europäische Idee aus den Augen verloren. In kleinen Schritten haben sie sich beharrlich für eine Festigung der deutsch-französischen Freundschaft eingesetzt. Angefangen von dem Projekt "Kinderinsel" und der Zusammenarbeit der Feuerwehren bis zur Gründung des Zweckverbands Zwei-Breisacher-Land und dem Bau des gemeinsamen Kulturzentrums auf der Rheininsel.
Wenn das Kernkraftwerk Fessenheim schließt, brauchen die Nachbarn im Elsass die Unterstützung der deutschen Freunde beim Aufbau des binationalen Industrieparks. Breisach könnte da seine Erfahrungen in Sachen Konversion gut einbringen. Und die Politiker in Berlin und in Brüssel könnten sich die Region zum Vorbild nehmen, wie man europäische Ideen in Taten umsetzen und die Bürger davon überzeugen kann.
pohrt@badische-zeitung.de
Online Kommentare:
==================
Gustav Rosa: 02. Apr 2018 - 16:11 Uhr
"Wer hätte aber gedacht, dass gerade die Stilllegung von Fessenheim so viel neuen Schwung in die grenzüberschreitenden Aktivitäten bringen würde?"
Man mag es kaum glauben, aber die grenzüberschreitende Antiatom-Protestbewegung wirbt schon seit 2012 dafür, über die Zeit nach der atomaren Ära im Elsass nachzudenken. Nicht zuletzt auch auf der Kundgebung am 17.09.2017 in Breisach, wo eine fiktive Bürgermeisterin (sowohl weiblich als auch männlich, deutsch oder französisch) diese Vision verkündet hat: spd-breisach.de/fileadmin/_spd_/pdfs/2017/20170917-Demo/20170917-Ansprache_BM_fiktiv-de.pdf. Damals mochte noch niemand so richtig daran glauben.
Brigitte Klinkert und Gérard Hug unterschreiben neben 11 weiteren Élus vor einem Monat einen offenen Brief, in dem von Paris gefordert wird das AKW Fessenheim bis 2023 weiterlaufen zu lassen. Tage später plädieren sie für den Aufbau einer neuen Wirtschaftsregion ohne Strom aus dem dann stillgelegten Atomkraftwerk...
So schnell können Träume wahr werden...
p.s. Wenn diese Aufbruchstimmung mit noch mehr Energie, Fachkompetenz und ehrlichem Willen auf beiden Seiten des Rheins weiter verfolgt wird, dann braucht niemand mehr das schon lange unrentable und nur noch kostenintensive Atomkraftwerk in Fessenheim. Dann könnte die Stilllegung viel zeitnaher erfolgen.