Log: in / out

Einzelansicht für Meldungen

09-03-17
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim
Sicherheitsmängel in Akw: Insider erhebt Vorwürfe

Frankreich

Ein Insider erhebt schwere Vorwürfe gegen den französischen Stromkonzern Electricité de France (EdF). Seit Jahren verschleiere er massive, sicherheitsgefährdende Schäden.

Die lange Liste der Vorwürfe und Versagen steht in einem Buch, das das französische atomkraftkritische Netzwerk "Réseau sortir du nucléaire" herausgibt. Der Titel der Schrift lautet: "La Farce Cachée du Nucléaire". Am Donnerstagmittag soll es in Paris bei einer Pressekonferenz vorgestellt werden. Das Buch ist 252 Seiten stark und zitiert angeblich aus internen Dokumenten des französischen Atomkraftwerksbetreibers Electricité de France (EdF), die zum Teil nur einem beschränkten Personenkreis zugänglich waren. Der anonyme Autor kommt bei seinen Ausführungen zu einem besorgniserregenden Schluss.

Gravierende Sicherheitsmängel an den wichtigen Sicherheitsbarrieren französischer Akw würden seit Jahren gezielt geschönt und über Schäden werde geschwiegen. Selbst die Kontrolle durch die unabhängige staatliche Kontrollbehörde ASN (Autorité de sûreté nucléaire) greift anscheinend nicht. Der Autor gibt – sofern die Quelle zuverlässig ist – Einblicke in den nicht öffentlichen Informationsaustausch zwischen Betreiber und Aufsichtsbehörde.

"Man hat uns seit Jahren angelogen." <cite>André Hatz, Sprecher von "Stop Fessenheim"</cite>

Die geschilderten Beispiele stellen auch der zuständigen Atomaufsichtskontrollbehörde ASN kein vertrauenerweckendes Zeugnis aus. Wo EdF Vorfälle in den Akw im offiziellen Sprachjargon der Atombranche als für Mensch und Umwelt ungefährlich verharmlost, wird die ASN kaum deutlicher. Erst nichtöffentliche Berichte – der Autor nennt dazu Beispiele – vermitteln ein genaueres Bild. Laut Herausgeber des Buches, dem französischen, atomkraftkritischen Netzwerk "Réseau sortir du nucléaire", beweist der Insider, dass man der angeblichen Sicherheit der französischen Atomkraftwerke nicht vertrauen kann. André Hatz, Sprecher von "Stop Fessenheim", einem Verband, der mit dem Netzwerk kooperiert, sagt: "Man hat uns seit Jahren angelogen."

Atomarer Unfall sei möglich


Weil die Kette der Sicherheitsbarrieren von innen her nicht zuverlässig funktioniere, hält er schlussendlich einen atomaren Unfall für möglich. Obwohl die Außenkommunikation stets versichert, dass bei Zwischenfällen in einem der 58 Reaktoren des Landes keine Gefahr für Mensch und Umwelt bestehe, scheint sich laut einer internen Notiz selbst der Betreiber nicht gegen nukleare Unfälle gewappnet zu fühlen. Aus einem internen Bericht wird EdF in dem Buch folgendermaßen zitiert: "Nicht nur ist die Zahl der zur Kenntnis zu nehmenden Phänomene umfangreich, auch ist jedes für sich genommen komplex und mit Ungewissheiten behaftet."

Vorwurf: Energiekonzern schweigt seit Jahren


Der Vorwurf des Autors und der Herausgeber: EdF habe seit Jahren - das legen die nun veröffentlichten Unterlagen nahe - über den mangelhaften Zustand sämtlicher Sicherheitsbarrieren französischer Atomkraftwerke geschwiegen.

Den Unterlagen zufolge treten in französischen Reaktoren täglich zwischen mehreren hundert Liter (und im Falle von Bugey 2 mehr als 200 Liter) radioaktives Wasser aus dem Primärkreislauf aus. Bei Vorfällen, die einen Sekundärkreislauf betreffen, der keine Radioaktivität führen soll, gibt EdF stets Entwarnung – weil dort per Definition keine Strahlung vorhanden sein darf.

Der Betreiber des Atomkraftwerks Fessenheim ist zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nach einem Rohrbruch hat der Energiekonzern EdF nicht die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Mehr dazu


Darüber hinaus berichtet der Autor über frei bewegliche Kleinteile, bis zu mehrere Zentimeter große Bruchstücke, die sich in den Leitungssystemen frei bewegen und dort zu Schäden führen könnten. Im Akw Saint-Laurent war beispielsweise solch ein Bruchstück in eine Pumpe des Kühlkreislaufs gelangt und bei Wartungsarbeiten entdeckt worden sei. Dort hätte es ein Leck verursachen können, im Ernstfall mit verheerenden Folgen.Weitere Bruchteile hatten sich in dem Fall aus Saint-Laurent im Primärkreislauf verteilt und setzten sich unter anderem zwischen Brennelementen fest.

Angegriffene Dampferzeuger


Probleme bereiten offenbar auch die Dampfgeneratoren in zahlreichen Reaktoren. Sie rühren von Metalloxyden im Kühlwasser her. Diese, so der Autor, hätten mitunter sogar den Vorteil, dass sie Risse stopfen würden. Gleichzeitig würden sie jedoch die Betonhülle der Dampferzeuger angreifen.

Dargestellt werden exemplarisch Blayais 2 und Bugey 3, die auch mit Bildmaterial belegt sind. Nicht genauer beschrieben wird jedoch Fessenheim 2, wo ein Dampferzeuger seit Juni 2016 wegen Materialabweichungen und daraus resultierenden Sicherheitsbedenken abgeschaltet ist. Bedenken, die offiziell nicht ausgeräumt sind. Dennoch nannte die Akw-Leitung in Fessenheim Ende Juli als Termin, an dem Block 2 wieder hochgefahren werden soll.


Letzte Meldungen

Donnerstag 11. of März 2021
Montag 01. of Februar 2021
Montag 16. of November 2020
Montag 09. of November 2020
Montag 02. of November 2020

Treffer 1 bis 5 von 1393

1

2

3

4

5

6

7

nächste >