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11-03-13
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim, Anti-Atom
"Wir müssen Akw schließen, bevor sie zu alt werden"

BZ-INTERVIEW mit Francis Rol-Tanguy über die Fessenheim-Stilllegung und Frankreichs Position zur Atomkraft.


Francis Rol-Tanguy Foto: AFP

Vom Abschied von der Atomkraft kann in Frankreich nicht die Rede sein. Immerhin soll Fessenheim dichtgemacht werden. Dafür zuständig ist Francis Rol-Tanguy. Mit ihm sprach Bärbel Nückles.

BZ: Herr Rol-Tanguy, wie hat Fukushima in Ihrem Land die öffentliche Meinung zum Thema Atomkraft verändert?
Rol-Tanguy: Mit Sicherheit hat dieses Ereignis die Franzosen bewegt. Ich will nicht sagen, dass wir alle vorbehaltlos für die Atomkraft sind, aber wir sehen diese Form der Energiegewinnung vielleicht mit weniger Sorge als andere Nationen. Meiner Meinung nach hat Fukushima aber für die Position des Staatspräsidenten eine Rolle gespielt. Man kann das Thema allerdings auch nicht auf die Angst vor dem atomaren Unfall reduzieren. Die Entwicklung eines neuen Energiemixes, in dem der Anteil erneuerbarer Energien erhöht werden soll, ist zuerst einmal auch eine europäische Entscheidung gewesen, an die François Hollande gebunden ist.

BZ: Muss die Sorge um die Sicherheit nicht eine Rolle spielen, wenn man ein Atomkraftwerk schließen will?
Rol-Tanguy: Wer für eine Reduzierung des Anteils der Atomenergie im Gesamtmix ist, muss nicht grundsätzlich gegen sie sein. Er kann von ihrer Sicherheit überzeugt sein. Die Atomkraftwerke in Frankreich wurden ursprünglich für eine Laufzeit von 30 Jahren gebaut. Später hat man diesen Zeitrahmen um zehn Jahre erweitert. Ich glaube, etwas anderes ist entscheidender. 80 Prozent der 58 französischen Reaktoren wurden zwischen 1977 und 1988 gebaut. Sie werden zwangsläufig an ihr Ende kommen. Wenn wir abwarten, bis diese Reaktoren abgeschaltet und ersetzt werden müssen, stehen wir irgendwann vor einem Investitionsvolumen, das nicht zu bewältigen ist, wenn wir den Energiebedarf unseres Landes decken wollen. Wir müssen Atomkraftwerke schließen, bevor sie zu alt werden, und einer muss den ersten Schritt machen.

BZ: Wird die Stilllegung Ende 2016 unumkehrbar sein?
Rol-Tanguy: Das Dekret und die daraus folgenden Schritte auf den Weg zu bringen, das genau ist meine Aufgabe. Ich werde alles daran setzen, meinen Plan einzuhalten. Wenn wir das geschafft haben, müsste eine Nachfolgeregierung all das wieder aufrollen. Ich versichere Ihnen, dieser Teil ist vor der Öffentlichkeit schwieriger zu rechtfertigen. Außerdem würde die Atomkraftlobby nach einem Machtwechsel wohl eher den Bau eines neuen Akw verlangen, statt ein altes wiederbeleben zu wollen.

BZ: Wird Fessenheim zum Symbol?
Rol-Tanguy: Wenn ich das Medienecho seit meiner Ernennung als Maßstab nehme, sicher. Das Symbol besteht vor allem darin, dass überhaupt ein Atomkraftwerk abgeschaltet werden soll. Auf den Ort kommt es dabei weniger an. Sie dürfen nicht vergessen, jede Regierung vor uns hat sich für den Ausbau der Atomenergie starkgemacht. Im Elsass wird das vielleicht kontroverser diskutiert. Aber später wird man sich daran erinnern, dass wir ernst gemacht haben mit einer neuen Energiepolitik.

Francis Rol-Tanguy, 59, ist im französischen Umweltministerium Beauftragter für die Stilllegung des Akw Fessenheim.


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