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11-10-12
Rubrik: Pressebericht, Aktionen OV
Die Komik in einer ernsten Sache

Gerichtsverfahren gegen Friedensrat-Sprecher Ulrich Rodenwald wegen Vorkommnissen beim Ostermarsch wird eingestellt.


Voll besetzter Gerichtssaal. Foto: Charly

MÜLLHEIM. Der Ostermarsch 2012 des Friedensrates Markgräflerland hatte ein Nachspiel: Wegen "Überschreitens mehrerer Auflagen gemäß Paragraf 15 des Versammlungsgesetzes" wurde Friedensrat-Sprecher Ulrich Rodewald, der seit 14 Jahren die Veranstaltung organisiert und bei den Behörden anmeldet, ein Bußgeldbescheid über 100 Euro zugestellt. Nachdem Rodewald fristgerecht Einspruch dagegen eingelegt hatte, kam die Sache nun vor das Müllheimer Amtsgericht und endete mit einer von Richter Trefzer verfügten Einstellung des Verfahrens.
Eine Welle der Solidarität begleitete Rodewald. Rund 50 Sympathisanten, darunter etliche Teilnehmer des besagten Ostermarschs, hatten sich als Zuhörer im Gerichtssaal eingefunden. Mit der Einstellung des Verfahrens wäre Rodewalds Anwalt Udo Kauß einverstanden gewesen, wenn die Staatskasse nicht nur die Verfahrenskosten übernommen hätte, sondern auch die Kosten, die dem Beschuldigten entstanden sind. So sieht Kauß in dem Gerichtsbeschluss trotz Verfahrenseinstellung eine "öffentliche Abstrafung des Beschuldigten", die nicht gerechtfertigt sei. Ein Verfahren mit Zeugenvernehmung und Urteil hätte die Unschuld seines Mandanten bewiesen. Schließlich ginge es nicht um einen banalen Strafzettel, sondern um Grundsätzliches.

Stellenweise entbehrte der Gegenstand des Bußgeldbescheids nicht der Komik. So wurden der von Rodewald geleiteten Veranstaltung beispielsweise "geringfügige Behinderungen eines geringfügigen Straßenverkehrs" vorgeworfen. Dem Zug seien an diesem regnerischen Feiertag höchstens fünf Autos entgegen gekommen, erinnerte sich Rodewald vor Gericht. Auch wurde moniert, die skandierte Forderung nach Abschalten des Atomkraftwerks Fessenheim entspreche nicht dem friedlichen Zweck der Demonstration, was Anwalt Kauß als "von vornherein unzutreffenden und untauglichen Vorwurf" abtat. Unhaltbar sei auch der Vorwurf, wonach es keine Ordner gegeben habe, da der Friedensrat seine Demonstrationen seit Jahren immer in der gleichen Weise organisiere und stets mehrere solche einsetze.

Was genau an jenem Ostermontag geschehen ist, hätten möglicherweise Zeugen klären können. Auf diese verzichtete Richter Trefzer aber. Er war der Ansicht, bei einem Bußgeldbescheid von gerade mal 100 Euro sei solch ein längeres Verfahren unverhältnismäßig. Nach dem Verlassen des Gerichtssaals betonte Rechtsanwalt Kauß, dass der Gemeindeverwaltungsverband den Spielraum des Ordnungswidrigkeitenrechts hätte nutzen können, um die Angelegenheit als Bagatelle von vornherein auf sich beruhen zu lassen.

Das sieht Reinhold Ott, der Abteilungsleiter Sicherheit und Ordnung im Verwaltungsverband, anders. Bisher habe es zu den Ostermärschen des Friedensrates immer kleine Polizeiberichte gegeben, in denen es hieß, alles sei friedlich verlaufen. In diesem Jahr sei der Bericht davon deutlich abgewichen. "Wenn ein Polizeibericht in sich schlüssig ist, was er in diesem Fall war, dann muss die Behörde handeln und ein angemessenes Bußgeld verhängen", erklärte Alexander Willi, der Haupt- und Ordnungsdezernent im Rathaus.

"Wenn alles nicht so ernst wäre, könnte man sich kaputtlachen", sagte Rodewald nach der Sitzung. Zudem wirft er der Behörde einen Verstoß gegen das Landesdatenschutzgesetz vor. Der Grund: In den Verteiler des Auflagenbescheids, in dem sich personenbezogene Daten Rodewalds befinden, ist auch – als einziger unter dem Stichwort "vertraulich" – der General der Deutsch-Französischen Brigade aufgenommen. Nicht nur stellten diese Daten für die Aufgabenerfüllung der Brigade keinerlei Notwendigkeit dar, es sei auch hier eine Weitergabe an französische Militärdienststellen eingeschlossen und auch so gewollt, kritisiert Kauß. Schon die Kennzeichnung als "vertraulich" zeige das schlechte Gewissen der Stadt, folgert Kauß. Eine unzulässige Datenweitergabe bleibe auch mit dem Hinweis "vertraulich" noch rechtswidrig. Er und sein Mandant Rodewald halten sich die Option offen, in dieser Angelegenheit Strafanzeige zu erheben.

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 Online Kommentare:
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Gustav Rosa: 11. Oktober 2012 - 23:00 Uhr

Aus Solidarität zu dem engagierten Mitstreiter Uli Rodewald und als Organisator der Montagsmahnwachen gegen Atomkraft in Breisach war ich im Gerichtssaal dabei. Der Verlauf der Gerichtsverhandlung hat mich äußerst nachdenklich gestimmt. Ein Urteilsspruch hätte sicherlich Rechtssicherheit gebracht, aber auch viel Staub aufgewirbelt. Das wollte der offensichtlich genervte Richter Trefzer unbedingt vermeiden - also stellte er das Verfahren Kraft seines Amtes ein. So bleiben noch viele Fragen offen, wer und warum diesen stümperhaft begründeten Bußgeldbescheid veranlasst hat.
Traurig und auch etwas beschämend, dass der Beschuldigte - und mit ihm die Friedensbewegung im Markgräflerland - auf den Anwaltskosten sitzen bleiben. Eine lückenlose Aufklärung aller Hintergründe wäre wünschenswert und würde der südbadischen Demonstrationskultur gut tun.


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