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12-06-13
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim
Fessenheim-Urteil: Ist die Richterin befangen?

Vor dem Fessenheim-Urteil in Paris tauchen Fragen auf.

STRASSBURG. Kommende Woche könnte der französische Staatsrat (Conseil d’Etat) in Paris über die Klage des Trinationalen Atomschutzverbandes (Tras) auf sofortige Stilllegung des AKW in Fessenheim entscheiden. Die abschließende Anhörung wurde auf den 19. Juni festgesetzt. Die vorsitzende Richterin des Staatsrats, Isabelle de Silva, scheint aber nicht so unparteiisch, wie es nach deutschem Recht üblich wäre: Recherchen der BZ ergaben, dass sie bereits in einem früheren Verfahren, in dem Tras die Schließung des AKW erwirken wollte, auf der Seite des beklagten französischen Umweltministeriums mitgewirkt hatte.

Die aktuelle Streitsache, die jetzt in Paris zur Entscheidung ansteht, ist seit Sommer 2011 anhängig. Nach dem Atomunfall in Fukushima hatte Tras direkt beim Conseil d’Etat Klage gegen das für die AKW zuständige Umweltministerium und gegen die Atomkontrollbehörde eingereicht. Wegen erheblicher Sicherheitsmängel verlangte Tras die sofortige Abschaltung Fessenheims. Drei Jahre zuvor warf bereits eine Schließungsklage vor dem Verwaltungsgericht gelaufen, ebenfalls angestrengt durch Tras – einem Verband, in dem sich 150 Kommunen, Organisationen, Umweltschutzverbände und Einzelpersonen aus den drei Ländern am Oberrhein zusammengeschlossen haben. Das Straßburger Verwaltungsgericht hatte die Klage im März 2011 abgewiesen. 2009 bis 2011 leitete Isabelle de Silva die Justizabteilung im französischen Umweltministerium und gehörte damit der beklagten Prozesspartei an. Inzwischen ist sie an das höchste Gericht des Landes gewechselt, den Conseil d’Etat. Dort entscheidet sie nun über zweite Tras-Klage.

Nach Auffassung von Harald Weiß, Frankreich-Experte am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, führt dieser Sachverhalt nicht zwingend dazu, dass die Richterin wegen Befangenheit abgelehnt wird. Denn es dürfte sich formal um unterschiedliche Verfahren handeln. Dennoch könne der Anschein von Voreingenommenheit entstehen. "In Frankreich gibt es im Unterschied zu Deutschland die Tradition, dass Verwaltungsrichter sowohl als Richter wie auch als Berater für die Exekutive tätig werden – was unter Neutralitätsgesichtspunkten nicht unproblematisch ist", sagt Weiß. Auch dort aber habe jedermann einen Anspruch auf unabhängige und unparteiische Richter, der sich nicht zuletzt aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergebe. Diese wurde auch von Frankreich ratifiziert.


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