Das Warten hat ein Ende. Es ist kein schnelles Ende, aber immerhin ist es jetzt absehbar, und das war es vorher nicht. Der Countdown für Fessenheim läuft. Ein Kommentar von Stefan Hupka.
Es ist die Nachricht des Tages, und viele in der Region am Oberrhein freuen sich, dass sie das noch erleben dürfen: Der Countdown für Fessenheim läuft. Frankreichs neuer Staatspräsident hat etwas getan, das keine Selbstverständlichkeit ist. Er hat jetzt, Monate nach seiner Wahl und fest im Sattel, bekräftigt, was er als Kandidat im Wahlkampf versprochen hat: Noch innerhalb seiner ersten Amtszeit den ältesten Atommeiler Frankreichs abzuschalten.
Die Zusage ist umso bemerkenswerter, als Hollande damit keineswegs den Common sense in seinem Land wiedergibt. Er selbst ist kein Atomkraftgegner, seine Partei ist nicht auf Energiewendekurs, und die Franzosen mit ihren 58 Reaktoren sind es mehrheitlich erst recht nicht. Am betroffenen Kraftwerksstandort im Elsass mit seinen Arbeitsplätzen kann sich Hollande sogar richtig Feinde machen damit, davon hat schon der Wahlkampf Kostproben gegeben.
Wenn der Präsident jetzt dennoch zu seinem Wort steht, dann wohl auch deshalb, weil es in einem Symbolfall wie Fessenheim leichter fällt, Wort zu halten als etwa in der Sozial- und Steuerpolitik, und auch, weil er die Grünen als Verbündete noch brauchen kann. Wer weiß – vielleicht denkt er sogar an ein Zuckerl für diese merkwürdigen windkraftverliebten Nachbarn im Osten mit ihrer Kanzlerin an der Spitze.
Eine real existierende Bedrohung
Diesen Nachbarn kann es recht sein. Für viele ältere von ihnen in der Region mag das Atomprojekt Wyhl in den 1970er Jahren politisch den höheren Streitwert und die größere Brisanz gehabt haben – immerhin gebar Wyhl eine Bewegung und diese später eine Partei, die heute das Land regiert. Im Windschatten des Großkonflikts aber wuchs am anderen Rheinufer der Doppelmeiler von Fessenheim – und anders als Wyhl wurde er zu einer real existierenden Bedrohung. Die kleinen und großen Pannen, die lange Zeit skandalöse Informationspolitik der Betreiber, objektive Risiken wie Erdbeben und Hochwasser und die Atomkatastrophen in anderen Teilen der Welt ließen – und lassen – Bewohner der Region mit Schaudern daran denken: Was wäre eigentlich, wenn...?
Gewiss sind darunter auch Pannen, die von interessierter Seite aufgebauscht wurden und sich als Lappalien entpuppten. Aber es bleibt die Gewissheit, nicht erst seit Fukushima: Die Risiken dieser Technologie sind prinzipiell nicht beherrschbar. Deshalb ist es gut auszusteigen, und sei es in Schritten – auch in Frankreich.
Online Kommentare
=============
Christian Hauss - 14. September 2012 - 21:08 Uhr
Na also, geht doch!
Merci, Monsieur Le Président.
=====
Gustav Rosa - 14. September 2012 - 23:02 Uhr
Dass unsere Kanzlerin "windkraftverliebt" sein soll, ist mir neu - zu sehr sind mir noch die "Schäferstündchen" mit der Atomlobby in Erinnerung.
Aber ansonsten kann ich Herrn Hupka nur voll zustimmen.
Neu ist auch, dass es Politiker gibt, die ihre Wahlversprechen einhalten. Ich glaube an Monsieur le Président.
Und der neue Wind, der in Paris jetzt weht, "schmeckt" (das ist badisch und bedeutet auf Hochdeutsch riecht) voll nach Energiewende. Uns im Dreyeckland kann es nur recht sein, wenn diese Wende hier, im benachbarten Elsass, beginnt.
..."bis" 2016 ist ein Jahr vor 2017 - also schon ein Schritt weiter als das Wahlversprechen. Bis 2016 müssen noch über 200 Montagsmahnwachen in Müllheim und in Breisach stattfinden. "BIS" kann aber auch bedeuten, dass schon nach 100 Montagen oder noch schneller endgültig abgeschaltet ist.
Alles hängt davon ab, wie schnell und wie erfolgreich der Aufbau der neuen Energien voranschreitet. Abschalten können wir aus Deutschland keinen französischen Reaktor. Aber den Aufbau der neuen, alternativen Energien können wir helfend und beratend begleiten. Und davon wird am Ende das ganze Dreyeckland profitieren...