Log: in / out

Einzelansicht für Meldungen

09-01-14
Rubrik: Fessenheim, Pressebericht
Die Suche nach der Alternative

Politiker und Protestler haben viele Vorschläge, wenn es um die Zukunft des Atomkraftwerks in Fessenheim geht: ein Überblick.


Spätestens 2016 soll Fessenheims Atomkraftwerk vom Netz genommen werden. Foto: Dorothee Phillipp/afp

BAD-KROZINGEN. "Fessenheim abschalten – lieber heute als morgen": Das fordern die Kernkraftgegner auf deutscher Seite. Das Sagen hat in dieser Sache aber allein die französische Regierung. Versprochen wurde von Präsident François Hollande, das Atomkraftwerk (AKW) Fessenheim bis zum Ende seiner Regierungszeit im Jahr 2016 vom Netz zu nehmen. Dabei stellen sich einige Fragen: Was geschieht bei der Stilllegung, was wird danach mit dem Gelände passieren und welche Perspektiven erhalten die Menschen, die im AKW gearbeitet haben?

Wenn Präsident Hollande seine Ankündigung wahr macht und Fessenheim abgeschaltet wird – spätestens dann muss man sich beim Betreiber, dem staatlichen Stromkonzern EDF, über diese Fragen Gedanken machen. Doch gibt es bereits seit über zehn Jahren bei EDF eine rund 500 Köpfe starke Abteilung, die sich nur mit Aspekten der Stilllegung von AKW beschäftigt, sagt Beate Kallenbach-Herbert, Ingenieurin im Dienste des Öko-Instituts in Darmstadt. Bisher laufen nach ihren Worten neun Rückbauprojekte in Frankreich; bei dem Fessenheim-ähnlichen Reaktor Chooz an der Grenze zu Belgien habe man Kosten von rund 220 Millionen Euro veranschlagt.

Sie stellt sich ein Abschaltszenario so vor: Nach der Entscheidung werde das Werk noch etwa drei Jahre laufen. Dann würden als erstes die Brennelemente entfernt und zur Wiederaufarbeitungsanlage nach La Hague gebracht. Damit sinkt das Risiko eines atomaren Zwischenfalls fast auf null. Wenn danach auch noch die Turbine und der Generator im nicht-nuklearen Bereich abgebaut würden, sei eine Wiederinbetriebnahme durch einen politisch anders gesinnten Nachfolger Hollandes wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll. Anschließend könnte man sich an den Abbau der Gebäude machen – das bereite in Frankreich wenig Probleme, weil es ein Endlager für schwach radioaktive Abfälle gebe. Für den gesamten Prozess setzt Beate Kallenbach-Herbert 15 bis 20 Jahre an – doch müsse man klären, ob der Abriss aller Gebäude auf dem Gelände sinnvoll sei, weil sie auch für andere Aufgaben eingesetzt werden könnten.

Die Zukunft des AKW-Geländes beschäftigt viele Politiker von der Region bis nach Stuttgart. Der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Bayer will sich nicht direkt in französische Angelegenheiten einmischen; doch sollten die vielfältigen Kontakte auf allen Ebenen genutzt werden, um den französischen Partnern Vorschläge zu machen. Einladungen von Seiten des Staatsministeriums werden vorbereitet oder sind schon ausgesprochen, sagte Christoph Bayer.

Im März rückt Fessenheim in den Fokus von Protesten

Der SPD-Abgeordnete regte außerdem eine grenzüberschreitend angelegte Studie zur Regionalentwicklung an; man sollte jetzt schon über Abbau-Ziele, Rückbau-Szenarien und Nachnutzung des AKW-Geländes diskutieren.

Ähnlich sieht das der CDU-Abgeordnete Patrick Rapp. Er befürwortet die Idee eines grenzüberschreitenden Gewerbeparks "als eine gute Perspektive für Menschen im Elsass nach dem Abschalten des Kernkraftwerks". Hier könnten neue Arbeitsplätze entstehen, was zu mehr Akzeptanz im Elsass für eine – so Rapp wörtlich – "dringend notwendige und schnelle Abschaltung des KKW Fessenheim führen werde". In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten im Landtag habe ihm die Landesregierung mitgeteilt, sie rechne damit, dass das französische Parlament Ende 2014 ein Gesetzespaket zur Umstrukturierung der Energieversorgung beschließen wird, das auch die Abschaltung des AKW Fessenheim regeln soll. Der Oberrheinrat hatte zudem vorgeschlagen auf dem Gelände des AKWs ein Forschungszentrum für regenerative Energien zu errichten.

Nach einem Szenario von Rudi Rechsteiner wird Präsident Hollande sogar schon nach den französischen Kommunalwahlen Ende März den Weg zur Schließung von Fessenheim bekannt geben. Der Schweizer Vize-Präsident des Trinationalen Atomschutzbundes TRAS will dennoch seine juristische Aktivität fortsetzen. Die erste TRAS-Klage gegen das AKW wurde vom obersten französischen Verwaltungsgericht abgeschmettert, aber es habe in dem Prozess schwere Fehler seitens der Franzosen gegeben, sagte er, "und die bringen wir nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte". TRAS will sich auch darum bemühen, dass französische Gerichte technische Fehler des AKW feststellen; in Fessenheim seien das die mangelnde Erdbebensicherheit oder das fehlende Kühlwasser nach einem Dammbruch.

Auf jeden Fall wird das AKW Fessenheim auch im Elsass und in Frankreich im März in den Fokus von Protesten rücken. Aus Anlass des dritten Jahrestages der Katastrophe im japanischen AKW Fukushima soll es eine Reihe von Aktionen am Oberrhein geben – mit Fessenheim als Zentrum.

====

Online Kommentare:
Die veröffentlichten Kommentare geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

====

Gustav Rosa: 09. Januar 2014 - 02:11 Uhr

    Zu diesem "Überblick" noch folgende Ergänzungen:

    "Fessenheim abschalten – lieber heute als morgen": Das fordern die Kernkraftgegner auf deutscher [und auf französischer] Seite.

    Das Pressehintergrundgespräch, auf dem der Großteil dieser Aussagen gemacht wurden, hat am 5.12.2013 hat im Bürgerbüro Bayer in Bad Krozingen stattgefunden.

    Am kommenden Sonntag findet in Fessenheim die erste Protestaktion in diesem Jahr "Widerstand in Concert" - hoffentlich ohne Tornado - statt.

    Die internationalen Aktionen im März und April fokusieren sich auf das gesamte Oberrheintal. Details unter fukushima3.eu


Letzte Meldungen

Donnerstag 11. of März 2021
Montag 01. of Februar 2021
Montag 16. of November 2020
Montag 09. of November 2020
Montag 02. of November 2020

Treffer 1 bis 5 von 1393

1

2

3

4

5

6

7

nächste >