Seit vielen Jahren treffen sich am Weinfest-Montag in Breisach deutsche und französische Bürgermeister und sonstige Politiker zu einem Meinungsaustausch. Zuerst gibt es einen mehr oder minder ergiebigen Vortrag, bevor sich die Gästeschar ins Weindorf begibt.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass der gesellige Teil für die meisten Politiker der wichtigere Tagesordnungspunkt ist. Wer darüber die Nase rümpft, der sei darauf hingewiesen, dass im Breisacher Weindorf schon einige gute grenzüberschreitende Ideen geboren und so mancher Konflikt ausgeräumt wurde. Darüber hinaus haben auch Gemeindechefs schöne Stunden verdient.

In diesem Jahr könnte jedoch der erste Teil des Treffens der interessantere sein. Denn das Thema lautet: "Zukunftsprozess Fessenheim". Als Gastredner hat der Präfekt des Oberelsass, Laurent Touvet, zugesagt. Er wird sicherlich darauf hinweisen, dass nach der Abschaltung des AKW Fessenheim die Wiederherstellung der Bahnlinie Colmar-Freiburg und die Einrichtung eines binationalen Gewerbeparks für das Elsass sehr wichtig sind. Schließlich braucht die Region dringend neue Arbeitsplätze, weil viele im Atomkraftwerk beschäftigte Elsässer ihren Job verlieren werden. Dass es eine gute Sache ist, dass sie dabei von ihren deutschen Nachbarn nach Kräften unterstützt werden, steht außer Frage. Nicht nur, weil auch die deutsche Seite wirtschaftlich davon profitieren kann, sondern weil es eine Selbstverständlichkeit ist, dass Freunde ihren Freunden helfen.

Bei allem Wohlwollen der Badener gegenüber den Elsässern sollte jedoch bei dem Gedankenaustausch am Weinfest-Montag in Breisach nicht vergessen werden, dass das Atomkraftwerk in Fessenheim immer noch am Netz ist und eine große Gefahr für die ganze Grenzregion darstellt. Und es sollte auch zur Sprache kommen, dass es die Badener inzwischen mehr als leid sind, immer wieder von der französischen Seite hingehalten zu werden.
Zu einer guten Freundschaft gehört auch, offen und in einem vernünftigen Ton Kritik zu äußern. Die Vertreter der deutschen Seite sollten ihren Kollegen aus dem Elsass deshalb eines sehr deutlich sagen: Es ist allerhöchste Zeit, einen unumstößlichen Termin für die Abschaltung des ältesten französischen Reaktors zu nennen.

Gerold Zink

===

Online Kommentare:

Gustav Rosa - 25. Aug 2018 - 01:18 Uhr:

Bei allem Lob für die Forderung nach "klaren Worten" - eine kleine Berichtigung muss angebracht werden. Der Satz: "weil viele im Atomkraftwerk beschäftigte Elsässer ihren Job verlieren werden" ist falsch! Schon Hollande hat versichert, und Macron hat es wiederholt: Es wird keine Entlassungen geben. Auch die Infrastruktur wird kaum leiden. Der Abschaltprozess und der Rückbau werden insgesamt über 20 Jahre lang dafür sorgen, dass ein paar alte und viele neue Arbeitsplätze erhalten, bzw. hinzugewonnen werden. Der Rest der Belegschaft wird versetzt - die Guten sind schon abgewandert...

Wenn das keine weitere einleuchtende Argumente für einen zeitnahen Abschalttermin sind?

===

Gustav Rosa - 25. Aug 2018 - 12:41 Uhr:

p.s. Ein mutiger, offener und konzentrierter Bericht. Hier fasst die Badische Zeitung auf den Punkt genau die Stimmung zur Problematik AKW Fessenheim dies- und jenseits des Rheins zusammen. 

Das "Totschlagargument" Arbeitsplätze wurde schon oft und äußerst kontrovers diskutiert. Wie man sieht, hat sich das in vielen Köpfen "festgebrannt". Ebenso das zweite "Totschlagargument": "Wenn das AKW abgeschaltet wird, dann gehen die Lichter aus!" Beides sind Fake-News, von der Atomlobby verbreitet und bei den Medien auf fruchtbaren Boden gefallen. 

Auch die Koppelung Fessenheim - Flamanville ist und bleibt die eigenwillige Interpretation der EdF zum Gesetz über die nationale Energiewende. Dort stehen klare Zahlen zur Reduzierung des Atomstroms, aber kein Wort über Fessenheim oder Flamanville!

Darum ist eine Berichtigung nötig. Sie soll den Wert dieses Berichts nicht schmälern.