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10-04-13
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim
Atomkraft

AKW Fessenheim investiert und rüstet nach – nicht ohne Trotz


"Auf dem neuesten Stand der Technik": Akw-Direktor Thierry Rosso vor Block I in Fessenheim Foto: Thierry Gachon

Hier der Link zum Originalbericht der Badischen Zeitung.

In drei Jahren soll es abgeschaltet werden. Dennoch steckt der Betreiber EDF Millionen in die Nachrüstung des Atomkraftwerks Fessenheim – in stiller Hoffnung auf einen Weiterbetrieb?

Schon der überfüllte Parkplatz vor dem Kraftwerk zeigt, dass drinnen Ungewöhnliches ansteht. In den kommenden Tagen wird Block I angehalten. Wie alle 18 Monate werden die Brennelemente entnommen. Dann aber geschieht etwas bisher Einmaliges. "Etwa zehn Tage, nachdem wir ihn angehalten haben, wahrscheinlich in der letzten Aprilwoche, können die Arbeiten beginnen", sagt Direktor Thierry Rosso. Die Sockelplatte unter dem Reaktordruckbehälter des ältesten noch aktiven französischen Reaktors soll auf 82 Quadratmetern mit 50 Zentimeter Beton verstärkt werden.

"Meine Aufgabe ist es, unter absolut sicheren Bedingungen Strom zu produzieren." Thierry Rosso
Der Ernstfall, eine Kernschmelze, ist das Szenario, gegen das der Beton schützen soll. Ein Kran steht bereits. Nach und nach wird die Vorrichtung aufgebaut, die den Stahlbeton in den Reaktor gießen wird. Den Nutzen der Betonschicht bezweifelt allerdings mancher, Monique Sené etwa. Die Atomphysikerin hat die Zehnjahresinspektionen in Fessenheim und anderen Akw analysiert und dazu die Prüfberichte der Atomaufsicht ASN und der EDF ausgewertet. Sie ist skeptisch, ob eine höhere Stabilität im Fall einer Kernschmelze und eine Eindämmung des geschmolzenen Materials erreicht würden.

Auch hält Sené die Arbeitsbedingungen am Reaktor wegen der hohen Strahlung für bedenklich. "Außerdem muss man abwarten, wie sich die Verstärkung auf die Funktion des Reaktors auswirkt." Die Investitionen änderten nichts daran, dass "Fessenheim ein Kernkraftwerk ist, das mit den Methoden der 70er-Jahre gebaut ist". 10 bis 15 Millionen Euro kostet die Nachrüstung der Sockelplatte pro Reaktorblock, der Block II ist anschließend an der Reihe. Damit wäre die letzte Forderung der Atomaufsicht erfüllt, an die sie die Laufzeitverlängerung 2011 geknüpft hatte. Dass die sozialistische Regierung Fessenheim nun bis 2016 stilllegen will, beirrt Thierry Rosso nicht: "Die Vorschriften der ASN sind für uns nicht der Beginn einer Diskussion, wir haben das umzusetzen."

Zehn Wasserpumpen, fünf Notstromaggregate

Was im Inneren des Reaktors demnächst geschieht, wird für Besucher nicht zu sehen sein. Sehr wohl sichtbar sind jedoch drei andere Neuerungen, die der Akw-Direktor in dieser Woche der Überwachungskommission Fessenheim (Clis) und einer Gruppe von Journalisten vorgeführt hat. Es geht um Hochwasserschutz. Seit Langem haben die Umweltverbände am Oberrhein und unabhängige Gutachten der Clis hier Mängel kritisiert. Auch die ASN verlangte mehr Sicherheit. Das Ergebnis ist nun in einem zehn Meter hohen, erdbebensicheren Metallgebäude am Rand des Akw-Geländes sichtbar. Dort sind zehn Wasserpumpen und fünf Notstromaggregate untergebracht. Sollte nach einem Dammbruch im Kanal oder bei extremem Rheinhochwasser Grundwasser nach oben gedrückt werden, kommen die Pumpen zum Einsatz. Kosten der Nachrüstung: drei Millionen Euro.

Vom Damm an der Ostseite aus, der sich sieben Meter über das Gelände erhebt, erläutert Rosso, wie die Borwasserreservoire verändert werden. Das mit Bor angereicherte Wasser soll im Ernstfall helfen, die nukleare Kettenreaktion einzudämmen. Den Tank neben Block I umgibt bereits eine neue, kantige Hülle. Sie soll nicht nur das Austreten von gefährlichen Substanzen verhindern, sie ist auch zum Schutz des Tanks vor einem Temperaturverlust gedacht.

Klage von Atomkraftgegnern wurde abgelehnt

Neben Block I in Richtung Süden steht der letzte der Neubauten: eine Grundwasserpumpe vor einem bunkerartigen Gebäude, von dem aus sie mit Strom versorgt werden kann. Würde die Wasserversorgung über den Kanal versagen, könnten von hier aus nicht nur die Borwassertanks, sondern auch das Abklingbecken gespeist werden. EDF hat sich das 20 Millionen Euro kosten lassen. Rosso versichert: "Wir haben hier immer wieder den neuesten Stand der Technik integriert." Zu politischen Aussagen lässt er sich nicht hinreißen. "Meine Aufgabe ist es, unter absolut sicheren Bedingungen Strom zu produzieren."

Eine Klage von Atomkraftgegnern, die in den Arbeiten Geldverschwendung sehen, hat der Staatsrat am Mittwoch abgelehnt. Sie seien zulässig, solange noch kein offizieller Ausstiegsbeschluss vorliege, so die obersten Verwaltungsrichter.

Die Clis-Mitglieder plagen indes andere Sorgen. Ihr Präsident Michel Habig ließ, bevor er den Rundgang vorzeitig verließ, noch heraus: Der Regierungsbeauftragte für die Stilllegung, Francis Rol-Tanguy, habe seines Wissens keinen Plan, wie es mit der Region nach der Schließung wirtschaftlich weitergehen soll.

Fessenheims Bürgermeisterin wirbt für Protestaktion

Jean-Paul Zimmerer, 59, hat bis vor sechs Monaten im Akw gearbeitet und vertritt die Belegschaft in der Clis. "Ich mag Rol-Tanguy nicht", bekennt er. Das südliche Elsass habe nur den Autobauer Peugeot-Citroën und Fessenheim. "Für uns hier sieht es nicht gut aus."

Fabienne Stich, Bürgermeisterin von Fessenheim, macht während des Rundgangs Werbung für eine Protestaktion. "Wenn das Atomkraftwerk schließt", warnt sie, "dann werden auch bald unsere Schulen dichtmachen und viele Wohnungen leer stehen." Am Haus der Energie am Kanal bei Fessenheim sollen am Samstagnachmittag "Luftballons der Wut" aufsteigen. "Sie symbolisieren die wirtschaftliche Verschwendung", sagt sie, "die unsere Regierung geplant hat."

Online Kommentare:

Die veröffentlichten Kommentare geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Gustav Rosa: 11. April 2013 - 00:45 Uhr

    Jetzt wirds gefährlich. Am Fundament der eh schon maroden Reaktorblöcke "herumzufummeln" erhöht eher das Sicherheitsrisiko als es zu vermindern. Trotz aller Hochachtung vor französischer Ingenieurkunst - dieser gefährliche Wahnsinn erinnert eher an Goethes Zauberlehrling:
    ...
    Herr, die Not ist groß!
    Die ich rief, die Geister,
    Werd ich nun nicht los.

    Und bevor mir jemand Panikmache unterstellen will ... schone Grüße an die Panikmacher aus Fessenheim. Hoffentlich muss Mdm. Stich ihre Schulen nicht aus anderen Gründen schließen (s. Fukushima).

    Abschalten JETZT, umschalten JETZT, umdenken JETZT. Je früher damit angefangen wird, desto schneller gibt es neue Arbeitsplätze und eine sorgenfreiere Zukunft.

    p.s. Ich frage mich, wer die Wut im Elsass derart schürt, dass am Samstag schon Luftballone dafür herhalten müssen?

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Martin Rotzinger: 11. April 2013 - 07:46 Uhr

    Herr Rosa,

    ich stimme Ihnen zu: Ein Neubau zweier EPR auf dem Gelände und die Schließung der alten Reaktoren, wäre sinnvoller gewesen.

    Ansonsten gehört zum Zauberlehrling auch ein Meister, der den Besen im Griff hat. Man sollte nicht das "Können" der Atomkraftgegener auf die Erbauer projezieren.

    mfg

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Robert Neumann: 11. April 2013 - 08:09 Uhr

    Hm, Herr Rotzinger, wer hat dann Three Mile Island, Tschernobyl und Fukushima erbaut? Die Technik ist einfach zu riskant, mal abgesehen von den Müllproblemen in der Asse....

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Johannes Allgaiert: 11. April 2013 - 08:12 Uhr

    @Herr Rotzinger
    Nur leider gibt es unter uns Menschen nur ganz, ganz wenige Meister, aber um so mehr Zauberlehrlinge.
    Und dann gibt's noch welche, die angeben, zaubern zu können und ne ganz tolle Formel gefunden zu haben, die alle unsere (Energie-)Probleme löst, die ansonsten aber mit so unwissenschaftlichem Kram wie Zauberei nix am Hut haben.

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Gustav Rosa: 11. April 2013 - 09:11 Uhr

    Es erfordert kein großes "Können" - nur ein wenig logisches Denken und Verantwortungsbewusstsein für die kommenden Generationen.
    Laut Aussage von Fachleuten (und von Mdm. Stich in einem Interview bestätigt) dauern die Rückbauarbeiten nach der endgültigen Stilllegung mehrere Jahrzehnte - ein Zeitraum, in dem das Gelände für andere Projekte (sprich Neubauten) gesperrt ist. Also müssten die von Herrn Rotzinger favorisierten EPRs noch ca. 30 Jahre warten.
    Immerhin sind wir uns in einem Punkt einig: Die beiden Schrottreaktoren in Fessenheim sind überaltert und haben ausgedient. Also ABSCHALTEN und nicht ALIBI-NACHRÜSTUNG!

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Michael Berner: 11. April 2013 - 09:16 Uhr

    Herr Rotzinger, Sie unterstellen anderen Kommentatoren etwas, was nicht stimmt. Möchte Herr Rosa EPRs? Sicherlich nicht. Dies provoziert selbstverständlich und ist trotzdem nie zielfördernd. Ich durfte dieselbe Erfahrung mit Herrn Strobel bei einem anderen Artikel machen. So etwas ist ganz einfach niveaulos, wobei Ihre EPR Geschichten schon x-mal wiederlegt worden sind. Dies findet sich auch in den BZ Kommentaren. Daher schreibe ich es nicht mehr auf.

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Peter Schmidt: 11. April 2013 - 10:02 Uhr

ja klar Leute, jetzt kommt wieder Herr Rotzinger, um zu seinem Lieblingsthema zu kommentieren und Kernkraftkritiker zu verleumnden. Aber warum kommentiert denn keiner den Satz: "solange noch kein offizieller Ausstiegsbeschluss vorliege, so die obersten Verwaltungsrichter".??? Ja schade, dass keiner vorliegt. Warum nicht? Aber selbst wenn, auf unserer Seite des Rheins wissen wir, wie schnell Merkelregierungen Ausstiegsbeschlüsse wieder rückgängig machen können (und das wieder aufheben.. usw..)...Der Wähler ist ja so geduldig.

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Rainer Schwarz: 11. April 2013 - 10:47 Uhr

Lieber Herr Rosa,
wie ich Ihnen schon früher verlinkt habe, sieht das Nachrüstprogramm von Areva vor, die ältesten französischen Reaktoren der Kernkraftwerke Tricastin, Gravelines und Penly (leider ohne Fessenheim) auf ATMEA1-Reaktoren aufzurüsten und zwar durchaus im Parallelbetrieb. Außerdem, selbst wenn es in Fessenheim 30 Jahre dauern würde - dies sollte doch Ihnen egal sein oder?

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Thomas Klein: 11. April 2013 - 11:15 Uhr

Bitte schaltet so schnell wie möglich das AKW Fessenheim ab ! Was wird da jetzt noch lange herumgedoktort ? Es langt mit den AKW und der bisherig ausgetretenen Strahlung allemal ! Stoppt alle AKWs !

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Thorsten Funk: 11. April 2013 - 21:54 Uhr

"... die ... Arbeiten ... seien zulässig, solange noch kein offizieller Ausstiegsbeschluss vorliege, so die obersten Verwaltungsrichter..."
... dann darf im Umkehrschluss die Nachrüstung auch kein Hindernis für die Stilllegung sein!


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