Wenn im Atomkraftwerk Fessenheim die große Inspektion beginnt, schaut nicht nur die französische Atomaufsicht genau hin: Auch unabhängige Wissenschaftler dürfen aufs Gelände.
COLMAR. Im Auftrag der lokalen Überwachungskommission Fessenheim, der beileibe nicht nur Atomkritiker, sondern auch Bürgermeister aus der Umgebung angehören, werden die unabhängigen Kontrolleure eine Gegenstudie zum offiziellen Bericht erstellen.
Vom Ergebnis erhoffen sich die atomkritischen Kräfte in der Region Druck auf die Behörden, die über die Laufzeitverlängerung entscheiden. Je nach Ausgang der Zehnjahresinspektion könnte das zuständige französische Ministerium theoretisch den Weiterbetrieb verweigern.
Die Überprüfung der französischen Atomaufsicht ist zeitaufwändig: Zunächst widmen sich die Kontrolleure der "Autorité de Sûreté Nucléaire" (ASN) bis Jahresende Block 1. Mitte 2010 ist Block 2 an der Reihe. Abschließend äußert sich die ASN allerdings erst ein Jahr später.
FESSENHEIM – EIN SICHERHEITSRISIKO?
Der Weiterbetrieb der beiden 32 Jahre alten Druckwasserreaktoren hängt davon ab, ob die ASN das AKW für ein Sicherheitsrisiko hält oder nicht. Prinzipiell sind französische Atomkraftwerke auf 40 Jahre Laufzeit ausgerichtet. Alle zehn Jahre muss die Betriebsgenehmigung nach einer Revision neu erteilt werden. Pascal Lignères, Chef der ASN aus Straßburg, betonte bei der letzten Sitzung der Überwachungskommission vor der Inspektion, die Kontrolleure würden dabei die Korrosion der Leitungen ebenso im Auge behalten wie die Vorkehrungen des AKW-Betreibers Electricité de France (EdF) zur Prävention von Unfällen.
Im Vorfeld musste der Stromkonzern bereits belegen, wie er die Sicherheit der Anlage weitere zehn Jahre zu garantieren gedenkt. Im Zentrum der Kontrollen stehen der Zustand des Reaktors nach mehr als drei Jahrzehnten, seine Betriebsdauer, seine Ummantelung und das Kühlsystem.
Seit Monaten bessert die EdF deshalb nach: 64 Millionen Euro wurden im Zusammenhang mit der Zehnjahresinspektion in mehr Sicherheit bei Erdbeben- und Strahlenschutz investiert. Gebäude mit elektrischen Anlagen werden mit Stahlbeton gegen Erdbeben geschützt. Verbessert werden auch der Brandschutz sowie Bedienelemente im Kontrollraum.
2300 EXPERTEN SICH MIT DEN KONTROLLEN BESCHÄFTIGT
"Wir nutzen die Zehnjahresinspektion", sagt AKW-Direktor Philippe Bainier, "um die Anlage auf den technisch neuesten Stand zu bringen." Nacheinander wurden die beiden Reaktoren für Monate angehalten, damit die Instandsetzungsarbeiten und Umbauten stattfinden konnten. Block 2, der im kommenden Jahr an der Reihe ist, stand von Mai bis September still. Dabei wurden unter anderem die Druckturbinen, die Kühlung und die Zuleitung der Dampfgeneratoren überholt.
Sobald Block 1 in den ersten Oktobertagen abgeschaltet wird – wann genau das passiert, will die AKW-Leitung nicht bekanntgeben – rücken Ingenieure und Techniker von außerhalb an. Insgesamt 2300 Menschen werden dann auf dem Gelände arbeiten. Er sei gespannt auf das Ergebnis der Gegenexpertise, sagte der Freiburger Regierungspräsident Julian Würtenberger. "Das objektive Interesse ist rechts und links des Rheins das gleiche, das politische Klima beim Thema Atomenergie wohl ein anderes."
* Schweizer Atom-Experte: "Abschalten und nie wieder einschalten"
www.badische-zeitung.de/abschalten-und-nie-wieder-einschalten--19417912.html
* Elsass: Neue Jod-Tabletten für Fessenheim-Nachbarn
www.badische-zeitung.de/elsass/neue-jod-tabletten-fuer-nachbarn-von-fessenheim--16078715.html
* Notfall-Übung: Eine Wolke über Fessenheim
www.badische-zeitung.de/elsass/eine-wolke-ueber-fessenheim--8100416.html