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03-09-09
Rubrik: Pressebericht, Veranstaltungen
Eine Kritik der Politikersprache

"Der Politik aufs Maul geschaut – kleines Wörterbuch zum öffentlichen Sprachgebrauch"


Erhard Eppler (rechts) stellte sein neues Buch in Breisach vor und diskutierte mit dem SPD-Bundestagskandidaten Gernot Erler und dem Publikum über Sprache und Politik. | Foto: benjamin bohn

BREISACH (bbon). "Der Politik aufs Maul geschaut – Kleines Wörterbuch zum öffentlichen Sprachgebrauch" heißt das neue Buch von Erhard Eppler. Der SPD-Politiker und ehemalige Bundesminister stellte sein Werk kürzlich in der Breisacher Spitalkirche vor und diskutierte mit dem Publikum über Sprache und Politik. "Es soll keine 08/15-Wahlveranstaltung sein, sondern zum Nachdenken anregen", versicherte der Staatsminister und Bundestagsabgeordnete Gernot Erler. Dies sei eine Gelegenheit, einen großen Mann der SPD zu hören.

Der Kandidat für den Wahlkreis Freiburg ließ einige Lebensdaten des Autors Revue passieren. Eppler war zunächst Mitglied der Gesamtdeutschen Volkspartei (GVP) und wechselte 1956 zur SPD. Von 1961 bis 1976 war er Mitglied des Deutschen Bundestags und von 1968 bis 1974 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Als solcher arbeitete er mit drei Bundeskanzlern zusammen: Kurt Georg Kiesinger, Willy Brandt und Helmut Schmidt. Besonders prägend sei auch die Arbeit in der Grundwertekommission gewesen, in der Eppler Vorsitzender war, sagte Erler.

Zunächst las Eppler die Kapitel "Krieg" und "Pazifismus" aus seinem Buch vor, um zu zeigen, wie sich Begriffe im Laufe der Zeit wandeln. Der Autor wendet sich vor allem gegen den Begriff des "neuen Kriegs". Solange Staaten Recht setzen und Recht durchsetzen, also Mord verbieten und bestrafen, gehe es nicht um Krieg, sondern vielmehr um Kriminalität, betont er. Und wer von Krieg spreche, wenn es um Verbrechen geht, wandle auf den Spuren von George W. Bushs Verbrecherjagd im Irak.

Pazifismus setze voraus, dass Krieg und Frieden klar unterschieden werden könnten. Doch das werde heutzutage immer schwieriger, denn Kriege würden nicht mehr offiziell von Staaten erklärt. Im Kongo, in Darfur oder Somalia seien Warlords und kriminelle Banden nicht am Frieden oder einem funktionierenden Staat interessiert, schreibt Eppler in seinem Buch.

Epplers neustem Werk fehlt es nicht an Witz und Ironie. Doch die Texte stimmen auch nachdenklich. Insgesamt behandelt er 47 Begriffe vom Bierdeckel über Raketenschild bis hin zur Moral.

Nach der Lesung wurde kontrovers diskutiert. "Dass Schröder ,nein’ zum Irakkrieg gesagt hatte, muss später in den Geschichtsbüchern stehen", lobte Eppler den früheren Bundeskanzler.

Nationalstaaten stehen im globalen Wettbewerb

Auch zur Steuerpolitik nahm er Stellung. Die Nationalstaaten seien nicht mehr so souverän wie früher. Durch die Globalisierung seien sie zu Standorten geworden, die im Wettbewerb stehen. Um Arbeitsplätze nicht zu gefährden, müsse am Wettbewerb teilgenommen werden und schließlich würden die billigsten Standorte gewinnen. Außerdem seien Staaten auch durch Europa schwächer geworden. "Dort spielt künftig die Musik!" Das solle sich auch nicht mehr ändern, aber die Staaten müssten handlungsstark bleiben, sagte Eppler.

"Jetzt bin ich fast etwas emotional geworden", meinte er. Aber gerade das begeisterte einige Zuhörer besonders, andere blieben dennoch kritisch. "Warum soll ich die SPD wählen?", fragte ein Zuhörer. "Wir sind eine handlungsfähige Partei, bei der der Marktradikalismus keine Chance mehr hat", erwiderte Eppler. Auch die Grünen seien soweit, deshalb plädiere er für Rot-Grün. Bei der CDU sei das Problem noch nicht ganz "ausgetragen" und bei der FDP noch gar nicht angekommen. Die Diskussion über eine rot-rote Bundesregierung müsse nicht bei der SPD, sondern in der Linken geführt werden. Einen Bundesminister der Linken könne er sich in Europa nicht vorstellen. "Man sollte ganz klar sagen, mit den Linken haben wir nichts zu tun", forderte ein Zuhörer. Oskar Lafontaine sei ein selbstverliebter Mensch, der zur Teamarbeit nicht fähig sei, meinte Eppler.

Lothar Menges, Vorsitzender des Breisacher SPD-Ortsvereins, überreichte dem Gast einen Weingruß, zum Schluss signierte Eppler noch Bücher der Zuhörer. 

Autor: bbon


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