Breisach. Zwölf Bürgerinitiativen (BIs) und Vereine aus dem Dreiländereck wenden sich nun mit einem offenen Brief direkt an Präsident François Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel, in dem sie für die Einhaltung der zugesagten Schließung von Fessenheim im Jahr 2016 appellieren. Der Zickzack-Kurs der französischen Regierung und die Nachricht das AKW Fessenheim bis 2018 am Netz zu lassen, haben hier in der Region bereits einigen Unmut ausgelöst und bestärken die Initiativen, jetzt erst recht standhaft zu bleiben.
In Breisach auf dem Neutorplatz und auf dem Werderplatz in Müllheim finden seit der Katastrophe in Fukushima 2011 jeden Montagabend Mahnwachen statt, die vor den Gefahren von Atomkraft warnen und insbesondere für die Abschaltung Fessenheims eintreten.
Gustav Rosa, Sprecher der Montagsmahnwacher in Breisach, richtet sich nun im Namen zahlreicher Bürgerinnen und Bürger sowie weiterer Initiativen an den französischen Präsidenten und fordert ihn dazu auf, die Ängste und die Sicherheit der Menschen endlich ernst zu nehmen. Das älteste Atomkraftwerk Frankreichs genüge den Sicherheitsstandards nicht und gefährde die Menschen auf beiden Seiten des Rheins.
Die Knüpfung der Abschaltung Fessenheims an die Inbetriebnahme des Europäischen Druckwasserreaktors in Flamanville sei nicht gerechtfertigt und eine "billige Ausrede, die von den Energiekonzernen ins Gespräch gebracht worden ist". Zusammen mit den elsässischen Partnerinitiativen wendet man sich auch an Merkel und bittet sie und Hollande um eine Audienz. Mit Hilfe der Präfekturen in Colmar und Straßburg wurde immerhin ein Gespräch mit Delphine Prady, einer engen Mitarbeiterin des Präsidenten, und einer zweiten Person vom Ministerium für Umwelt und Energie erreicht. Wie so oft blieb das Umweltministerium jedoch abwesend und Delphine Prady war zwar gut informiert, ihre Antworten wirkten aber vertröstend und verstärkten den Eindruck, dass man in Paris Zeit gewinnen will.
Die Störfälle und Sicherheitslücken in Fessenheim häufen sich und nun bestehe Grund zur Sorge, dass das Thema auf die lange Bank geschobenwerde, glauben die Bürgerinitiativen.
Noch 2012 versprach François Hollande, das störfallanfällige Atomkraftwerk im Elsass bis spätestens Ende 2016 vom Netz zu nehmen. Die Erfüllung dieses Versprechens wurde seitdem durch ständiges Hin und Her und widersprüchliche Aussagen von Hollande und seiner zuständigen Ministerin Ségolène Royal begleitet, klagen die BIs.
Ende September kam die Meldung, der Reaktor solle 2018 vom Netz gehen. Auch die Abschaltung 2018 könne aber nicht garantiert werden, glauben die BIs, da im Jahr zuvor Präsidentschaftswahlen sind und ein möglicher neuer Präsident sich ebenso wenig an diese Zusage halten könnte, wie Hollande sie im Moment nicht einhalte. Dazu komme, dass das Prestigeprojekt Druckwasserreaktor sich bereits seit 2007 im Bau befinde und die geplante Inbetriebnahme bereits von 2013 auf 2018 verschoben werden musste, ganz zu schweigen von den explodierenden Kosten und technischen Problemen, deren Lösung ungewiss sei. Der Altmeiler Fessenheim liege im Erdbebengebiet Oberrheingraben und in der Nähe des Flughafens Basel-Mulhouse-Freiburg, sei aber weder gegen Erdbeben, noch gegen Flugzeugabstürze ausreichend gesichert und nur bedingt mit Kühlwasser versorgt.
Käme es zur Kernschmelze sei das Fundament, das das Austreten der radioaktiven Schmelze verhindern soll, in Fessenheim nicht einmal halb so dick wie sonst üblich, genauer anderthalb Meter anstatt vier bis sechs Meter. Im Grunde sind sich alle einig: Fessenheim muss unverzüglich stillgelegt werden.
"Da der Wind meist Richtung Deutschland wehe, sei es an der Zeit, den Druck auch auf deutscher Seite zu erhöhen und zwar auch auf nationaler Ebene und nicht mehr diplomatisch zu schweigen", betonen die Bürgerinitiativen dazu.
Julia Tabori
Wer sich informieren möchte, oder das Anliegen unterstützen will, ist eingeladen bei den Montagsmahnwachern in Breisach vorbeizuschauen.