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18-11-15
Rubrik: Pressebericht, Anti-Atom
Leute in der Stadt

Kazuhiko Kobayashi: "Atomkraft ist eine kriminelle Technik"


Kazuhiko Kobayashi Foto: Thomas Kunz

LEUTE IN DER STADT: Kazuhiko Kobayashi hat an der Universität einen bewegenden Vortrag über Fukushima gehalten.

Samstag Tübingen, Sonntag Bielefeld, Montag Freiburg, Dienstag Kiel. Im Zickzack-Kurs reist Kazuhiko Kobayashi durch Deutschland. Der 69-jährige Japaner verfolgt eine Mission: Er will die Wahrheit über Fukushima erzählen: in der vergangenen Wochen an der Uni Freiburg.

Auf der Insel des Glücks, wie Fukushima wörtlich übersetzt heißt, ereignete sich vor vier Jahren eine der größten nuklearen Katastrophen der Geschichte. Seither reist der japanische Atomkraftgegner durch ganz Europa und warnt vor den Gefahren der Kernkraft. Alle zwei Wochen muss er zurück nach Japan, um sich um seine kranke Mutter zu kümmern. Die Reisemüdigkeit ist ihm anzusehen, doch Kobayashis Überzeugung überwiegt. "Ich möchte den Rest meines Lebens etwas Sinnvolles tun, die Menschen wachrütteln, bevor die nächste atomare Katastrophe kommt", sagt er mit ernster Mine. Kobayashi spricht fließend Deutsch, hat in Japan Germanistik studiert und 29 Jahre in Deutschland als Unternehmensberater gearbeitet.

Atomenergie bezeichnet er aufgrund ihrer Zerstörungskraft als "kriminelle Technik". Ob menschliches Versagen, technische Fehler oder Naturkatastrophen – es gebe zu viele Zufälle, als dass die Menschen die Kernkraft hundertprozentig kontrollieren könnten. Die Folgen seien unabsehbar, so Kobayashi.

Im Gespräch mit der BZ argumentiert er zunächst ruhig und sachlich, seine Gedankengänge sind logisch, seine Ansichten entschieden. Doch als er die Verstrickungen zwischen Staat, Konzernen und Banken erklärt, wird er emotional. Er spricht von der "Atommafia" in Japan und nennt den japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe einen Lügner. Kobayashi beschreibt einen geschlossenen Kreislauf, dessen Aufbrechen einen Dominoeffekt auslösen würde: Müsste der größte japanische Energieerzeuger Tepco für die von ihm verursachten Schäden in Fukushima aufkommen, ginge der Konzern pleite. Da die Privatbanken die Hauptaktionäre des Konzerns seien, würden sie so hohe finanzielle Einbußen erleiden, dass sie die japanische Regierung nicht mehr mit günstigen Krediten versorgen könnten. Eine Staatspleite des hochverschuldeten Japans wäre die Folge, so Kobayashi.

Am Abend referiert Kobayashi vor etwa 130 Zuhörern im Kollegiengebäude I der Uni Freiburg über die Zustände, die in Japan herrschen. Das AWC Deutschland – Vereinigung der Weltbürgerinnen und Weltbürger – und die Freiburger Kant-Stiftung haben ihn eingeladen. Kobayashi sagt, die Werte radioaktiver Strahlung, die er vor Ort gemessen habe, sei um ein Vielfaches höher gewesen als die von der Regierung offiziell bekannt gegebenen. Doch die Politiker verschwiegen die Folgen von Fukushima. "Die japanische Regierung geht über Leichen", und Journalisten, die kritisch über sie berichten wollten, müssten auf Social-Media-Kanäle ausweichen. Später erzählt er von einem Richter, der die offizielle Verlautbarung der Regierung über die Sicherheitslage in Fukushima nicht teilte und deswegen vom Justizministerium abgesetzt wurde. Und obwohl seit dem Reaktorunfall überdurchschnittlich viele Kinder an Schilddrüsenkrebs erkrankt seien, würden die meisten Mediziner keinen Zusammenhang erkennen.

Als er auf das Leid der Kinder in den verseuchten Gebieten zu sprechen kommt, zittert seine Stimme, er kämpft mit den Tränen. Der Zynismus und die Arroganz der Verantwortlichen mache ihn wütend, sagt er. Doch seine Mission wolle er nicht aufgeben – allein der Kinder wegen. Und er ist erfolgreich: Am Votrtragsabend sammelte er 1085 Euro Spenden für strahlengeschädigte Kinder – ein Rekordwert, wie er später verrät.


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