Wegen erheblicher Sicherheitsbedenken ist Block 2 des Akw Fessenheim im Juni 2016 abgeschaltet worden. Jetzt wurde bekannt: Der Reaktor geht womöglich noch diese Woche ans Netz.
Noch in dieser Woche könnte Block 2 des Akw Fessenheim wieder ans Netz gehen. Nach 21 Monaten hat die französische Atomaufsicht ASN das Wiederhochfahren des Reaktors genehmigt und damit eine Entscheidung zurückgenommen, die bei Atomkritikern im Elsass wie in Deutschland im Sommer 2016 begrüßt worden war.
Endgültige Abschaltung war Wahlversprechen
Im Juni 2016 hatte die ASN das Prüfzertifikat eines Dampfgenerators im Akw Fessenheim aufgehoben. Der betroffene Reaktor 2 war bis auf weiteres stillgelegt. Diese Entscheidung traf die Aufsichtsbehörde vor dem Hintergrund der Verhandlungen zwischen der damaligen Regierung unter François Hollande und dem Energiekonzern und Akw-Betreiber Electrcité de France (EdF) über die Stilllegung des Akw Fessenheim.
Die endgültige Abschaltung der nicht zuletzt in Deutschland seit Jahrzehnten umstrittenen Reaktoren an der deutsch-französischen Grenze war eines der Wahlversprechen des Sozialisten gewesen. Bis zum Ende seiner Amtszeit hatte Hollande allerdings lediglich eine Vereinbarung mit EdF getroffen. Zur tatsächlichen Abschaltung war es bis zum Ende der Amtszeit und der Wahl Emmanuel Macrons nicht mehr gekommen.
Doch die neue Regierung treibt die Pläne im Vergleich zu ihrer Vorgängerin – zumindest dem Anschein nach – glaubwürdiger voran. Inzwischen heißt es, die Abschaltung solle Ende diesen Jahres, spätestens in der ersten Jahreshälfte 2019 erfolgen.
EdF will das Akw in Fessenheim jedoch bis zuletzt zur Stromerzeugung nutzen. In diesem Punkt hatte sich Akw-Direktor Marc Simon-Jean anlässlich einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen unmissverständlich geäußert und ein baldiges Wiederhochfahren von Block 2 angekündigt.
Hat einer der Experten seine Beteiligung am Abschlussbericht verweigert?
Eine wichtige Sitzung der Atomaufsicht Ende Februar hatte, wie nach außen gedrungen war, ein Ergebnis zugunsten des Betreibers nahegelegt. Insidern zufolge soll einer der Experten seine Beteiligung am Abschlussbericht verweigert haben. Er habe die Entscheidung für ein Wiederhochfahren nicht mittragen wollen. Zu diesem Vorwurf gibt es allerdings keine Stellungnahme von Seiten der ASN.
Der fragliche Dampferzeuger in Fessenheim 2, einer von dreien, stammt aus der in einen Skandal um geschönte Prüfberichte verstrickten Reaktorschmiede im französischen Le Creusot. Die Fälle von Schlampereien dort reichen bis 1965 zurück. Der ASN zufolge hatte man das Rumpfstück des Generators aus Fessenheim trotz erheblicher Kohlenstoffeinschlüsse für den Einbau freigegeben. Ein erhöhter Kohlenstoffgehalt kann die Belastbarkeit und Sicherheit eines solchen Werkstücks beeinträchtigen.
Bei der Herstellung nicht an die Vorschriften gehalten
In dem betreffenden Fall ist die ASN nun dennoch zu der Überzeugung gelangt, dass diese Gefahr nicht gegeben sei. Bei der Produktion des Dampfgenerators habe sich die Schmiede zwar nicht an die geltenden Vorschriften für die Materialzusammensetzung gehalten – darin widerspricht die ASN im Übrigen keineswegs ihren früheren Einschätzungen. Nichtsdestotrotz entsprächen die mechanischen Eigenschaften den Materialanforderungen.
Der Entscheidung liegt ein Bericht der Framatome zugrunde, die als Anbieter von Kerntechnik zur EdF-Gruppe gehört, noch vor kurzem unter dem Namen AREVA firmierte und 2006 die Schmiede Le Creusot übernommen hatte.
Framatome habe für ihre Sicherheitsnachweise sowohl den Dampferzeuger selbst untersucht als auch an "repräsentativen, zu Testzwecken gefertigten Teilen" chemische wie mechanische Analysen durchgeführt. Diese Ergebnisse seien von unabhängigen Experten begutachtet worden, so die ASN. "Die vorliegende Entscheidung, die Aufhebung des Prüfzertifikats wieder zurückzunehmen", heißt es in der Mitteilung vom Montag, "wurde getroffen unter Berücksichtigung der sicherheitsrelevanten Fragen."