BREISACH/WYHL/KAISERSTUHL. Am 18. Februar 1975 besetzten vor allem die Bürger der umliegenden Gemeinden die Baumaschinen im Wyhler Wald, die die Rodungen für das geplante und genehmigte Atomkraftwerk vornahmen. Mit ihrer Initiative zur Besetzung und der Hilfe von vielen anderen in den folgenden Monaten, die sich am Widerstand gegen das KKW beteiligten, gelang es, den Bau zu verhindern. Eine Gruppe vor rund hundert Menschen fand sich aus diesem Anlass am Mittwochabend am Gedenkstein an der Nato-Rampe ein.
Darunter waren viele Zeitzeugen, aber auch junge Menschen und Familien. Mit Rückblicken, Zeitzeugenberichten und Tondokumenten würdigten die Sprecher der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen das mutige sowie erfolgreiche Engagement. Ein Fernsehteam des SWR war vor Ort.
"Nai hämmer gsait" – dieser Satz hat Geschichte geschrieben. Er steht bis heute für den Widerstand gegen die Atomkraft. Bernd Nössler sagte zur Begrüßung, man habe damals ein Zeichen gesetzt, ein Beispiel gegeben, das sich nicht mehr rückgängig machen lasse. Sein Gedenken galt besonders denjenigen, die dabei waren und heute nicht mehr leben.
Es habe Mut gebraucht, um sich mit dem eigenen Körper gegen die Maschinen zu stellen, betonte Nössler. Und es sei die Geburtsstunde des "Wir" gewesen, über alle Landesgrenzen hinweg.
Erhard Schulz verlas Grußworte derer, die nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnten. Er hob vor allem die Bedeutung der Frauen hervor, die tagsüber, während die Männer bei der Arbeit waren, die Platzbesetzung aufrechterhielten.
Ruth Bienmüller gehörte zu jenen, die von der ersten Stunde an beim Widerstand gegen das geplante Kernkraftwerk in Wyhl dabei waren. Sie blickte auf die Ereignisse zurück.
Gewaltlosigkeit war für den Erfolg entscheidend
Zwei Tage nach der Besetzung erfolgte die Räumung durch die Polizei mit Wasserwerfern. Es gab viele Festnahmen. Am 23. Februar wurde der Platz dann erneut besetzt. "Viele haben uns geholfen, dass unserer Heimat nicht zerstört wird", dankte Bienmüller.
Der Elsässer Jean-Jaques Rettig hob hervor, dass es gelungen sei, den Widerstand gewaltfrei zu halten. Die Gewaltlosigkeit sei für den Erfolg entscheidend gewesen, sagte Rettig. Mit Gewaltlosigkeit, Härte, Phantasie und Klugheit sei man den staatlichen Organen gegenübergetreten. Die Freundschaft über die Grenzen hinweg sei eine bis heute anhaltende Folge des gemeinsamen Widerstands.
Kurt Schmidt spielte ein Tondokument mit der Rede des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger vor, die auch 40 Jahre später unter den Anwesenden ablehnendes Gemurmel und höhnisches Gelächter hervorrief.
Gemeinsam betonten alle Redner an diesem Abend, dass ein Sieg zwar errungen, aber mit Blick auf das Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim der Kampf noch nicht vorbei sei.