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20-02-13

Der 100. Müllheimer Protest-Montag

An einer langen Leine flattern Papierblätter, für jedes Datum eins / Veranstalter sind auch sehr kreativ bei der Themenfindung.


Schon 100 Mal traf sich das Aktionsbündnis „Stopp Fessenheim“ – und der Protest soll weitergehen. Foto: Dorothee Philipp

MÜLLHEIM. Fast zwei Jahre nach Fukukushima, wo am 11. März 2011 ein schweres Erdbeben eine nukleare Katastrophe auslöste, findet in Müllheim die 100. Mahnwache statt. So demonstrieren deutsche und französische Umweltverbände sowie politische Gruppierungen, die sich zu einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen haben, gegen die Nutzung der Atomenergie, besonders auch gegen das Gefahrenpotenzial vor der Haustür, das Kernkraftwerk Fessenheim.
/ Seit der ersten Mahnwache am Montag, 21. März 2011 auf dem Sparkassenplatz ist kein Montag vergangen, ohne dass sich das Aktionsbündnis dort um 18 Uhr getroffen hat. Zur 100. Mahnwache kamen statt der sonst üblichen 30 bis 50 Teilnehmer fast 100, unter ihnen viele Demonstranten aus Frankreich. Auch der französische Fernsehsender France 3 war mit einem Kamerateam vor Ort.

Die 100 Mahnwachen wurden eindrucksvoll visualisiert: An einer langen Leine flatterte für jedes Datum ein Blatt Papier, unterbrochen von Plakaten von größeren Aktionen 2011 und 2012 auf der Rheinbrücke bei Neuenburg und vor dem AKW Fessenheim, wo das Aktionsbündnis bis zu 9000 Menschen auf die Beine brachte. Obwohl inzwischen der französische Staatschef François Hollande versprochen hat, bis Ende 2016 den ältesten Atommeiler Frankreichs abzuschalten, misstrauen viele dem Versprechen. Zudem ist vielen die Zeit bis dahin zu lang, das Risiko zu hoch.

Die seit fast zwei Jahren bestehende Mahnwachen-Serie ist nicht nur geprägt durch lautstarken Protest, sondern durch viele Beiträge einer breiten Themenpalette von der Politik über technische und medizinische Fragen, Details zum Katastrophenschutz bis hin zu Erlebnisberichten und musikalischen Aktionen. "Wir hatten 100 interessante und kreative Beiträge zu vielen Themen. Und wir haben die Lügen und Verharmlosungen der Atomlobby satt", betont e Franz Schneider vom Aktionsbündnis. Ulrich Rodewald, der deutsche Sprecher des Bündnisses sagte, dass dies auch ein Projekt der deutsch-französischen Freundschaft sei.

Artur Kurz aus Schweighof, der mit einem Sitzkissen wieder seinen Stammplatz auf der Mauerbrüstung neben der Treppe bezogen hatte, war bei den meisten Veranstaltungen dabei. "Mehr kann ich nicht machen, aber ich komme immer her", so der 84-Jährige. Er stimmte in den Schlachtruf ein "Abschalten – Jetzt!" und "Fermons Fessenheim!" Seine Nachbarn lobten ihn für sein Engagement, aber mitgegangen sei bisher keiner, erzählte er. Artur Kurz hat Krieg und Nachkriegszeit erlebt und weiß, wie wichtig bürgerschaftliches Engagement ist. Mit ihm wunderte sich ein älteres Paar aus Sulzburg, dass nicht mehr Menschen die gefährliche Technologie kritisieren.

Über die jüngste Sitzung der Kontrollkommission CLIS in Colmar berichtete Jean-Paul Lacôte. Offenbar will das Gremium jetzt einen Vertreter des Öko-Instituts einladen, der eine Studie vorstellen soll, die bisher in Frankreich nicht zur Kenntnis genommen wurde. Und offenbar gibt es bei der im Zuge der Nachrüstung geplanten Verstärkung der Bodenplatte unter dem Meiler technische Probleme. Bei allem Ernst: Ein bisschen Fest muss sein, und so knallten einige Sektkorken, Saftflaschen wurden geöffnet und auf das eigene Stehvermögen angetoßen. Akkordeonistin Giselle stimmte Protestgesänge wie den "Strahlentod-Tango" an, Flyer und Flugblätter machten die Runde. "Es ist völlig klar: Am nächsten Montag sind wir wieder hier", betonte Rodewald. Dann wollte die inzwischen überregional bekannte "Stromrebellin" Ursula Sladek aus Schönau berichten, die seinerzeit mit ihrem Mann und Gleichgesinnten die Elektrizitätswerke Schönau gegründet hat, ein Vorzeigeprojekt für die Verwendung erneuerbarer Energien.

Die Mahnwachen des Aktionsbündnisses "Stopp Fessenheim" finden montags um 18 Uhr auf dem Sparkassenplatz in der Müllheimer Werderstraße statt. Am Sonntag, 10. März, zum zweiten Jahrestag von Fukushima, gibt es eine Kundgebung mit Protestmarsch über den Rhein. Treffpunkt ist um 14 Uhr vor dem Rathaus in Neuenburg.

Das Aktionsbündnis

Die Mitglieder sind: Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz (Agus) Markgräflerland, Alsace Nature, Bürgerinitiative Umweltschutz Staufen, Ortsverein Müllheim von Bündnis 90/Die Grünen, CSFR (Comité pour la Sauvegarde de Fessenheim, Frankreich), IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs), DGB Müllheim-Neuenburg, Die Linke - Ortsverein Markgräflerland, SPD-Ortsvereine Müllheim und Neuenburg, Friedensrat Markgräflerland und Naturschutzbund (NABU) - Ortsverein Müllheim

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  Online Kommentare:
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Gustav Rosa: 20. Februar 2013 - 08:45 Uhr

    Glückwunschschreiben an die MahnwacherInnen vom Werderplatz:

    Liebe MitstreiterInnen,

    die Katastrophe von Fukushima hat der Antiatombewegung eine neue Dimension verliehen. Auch in Deutschland wurden verstärkt neue Zeichen gesetzt. Bundesweit wurde zu inzwischen schon traditionellen Montagsmahnwachen aufgerufen.
    In Breisach haben wir vor der anstehenden Landtagswahl 2011 über zwei Wochen lang täglich gegen Atomkraft demonstriert. Höhepunkt unseres Protestes waren die Brückenbesetzungen am Ostermontag 2011, wo in Neuenburg und Breisach die meisten Besucher gezählt werden konnten.
    Anschließend haben wir auf dem Neutorplatz mit unseren wöchentlichen Montagsmahnwachen begonnen und diese bis heute ohne Unterbrechung durchgezogen. Ab dem 18.04.2011 haben wir mit der Zählung angefangen und feiern unsere 100. Montagsmahnwache in dieser Form erst am 18. März 2013.
    Ihr aus dem Markgräflerland seid uns immer einen Schritt voraus. Die Protestbewegung braucht solche Vorbilder, und es ist gerade jetzt wichtig zusammenzuhalten.
    In diesem Sinne von uns aus Breisach herzlichen Glückwunsch zur 100. Montagsmahnwache auf dem Werderplatz in Müllheim! Kein ruhiges Markgräflerland, kein ruhiger Breisgau, Kaiserstuhl und Tuniberg, bis das AKW Fessenheim nicht endgültig stillgelegt ist!
    Wie hat Annemarie Sacherer vor 35 Jahren in Wyhl so treffend gefordert: "Un mir mache witter, bis dass der Atomlobby de Luft usgoht!"

    Herzliche Grüße aus Breisach am 18.02.2013 - Gustav Rosa für die Mahnwacher vom Neutorplatz

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Zur einhundertsten Mahnwache in Müllheim am 18. Februar 2013

100 Mahnwachen – eine stolze Zahl!
100 Mahnwachen – das heißt auch 100 interessante Beiträge zu vielen Themen rund um AKW's, um Katastrophenschutzpläne,
Informationen über alternative Energien, Rückblicke und besorgte Blicke nach Japan.
100 Mahnwachen heißt aber auch 100 Lieder, Trommelwirbel und Gesänge
und viele 100fache Rufe nach dem Ende der Atomtechnik.
100 Mahnwachen sind viele hundert Menschen, die über 50 Stunden auf der Straße waren
und viele 100 Male ihre Forderung nach sofortiger und 100prozentiger Schließung
von Fessenheim forderten.
Denn 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht – auch wenn viele 100 Atomlobbyisten, AKW-Angestellte und Gewerkschafter es behaupten. Wir glauben nicht die 100 Lügen und Verharmlosungen der Atomlobby. Denn wir wissen, bei einem GAU vom Kaliber Tschernobyl oder Fukushima werden 100 000 Menschen und mehr Schaden erleiden, und das ist 100 000-fach zu viel.
Wir wollen ungefährliche Alternativenergien zu 100 Prozent. Und deswegen werden wir und viele andere – wenn es sein muss – noch weitere 100 Mahnwachen abhalten, hier in Müllheim, ebenso in Breisach - 100 liebe Grüße an die Mahnwacher dort und in der Schweiz. - Und 100-fachen Dank an alle hier, die in den 100 vergangenen Wochen seit der Katastrophe von Fukushima nicht müde geworden sind hierher zu kommen und ihre Meinung kundzutun. Herzlichen Dank!

Abschalten! Jetzt!  -  Fermons Fessenheim!

Vorgelesen von Franz Schneider am 18.02.2013 in Müllheim


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