GOTTENHEIM (fri). Einen Brief aus Paris kommt in einem Bürgermeisteramt des Breisgaus nicht alle Tage an. Erst recht nicht aus dem Elysée-Palast. So ist es nun aber in Gottenheim geschehen. Denn dort ist ein Schreiben vom Chef des Kabinetts des französischen Präsidenten eingegangen, gerichtet an den "Maire de Gottenheim, Monsieur Volker Kieber".
Was verschaffte nun dem Dorfoberhaupt vom Tuniberg diese Ehre? Es ist ein Schreiben, das dieser selbst drei Wochen zuvor nach Paris sandte. Nicht nur er. Denn mehrere Bürgermeister aus dem Breisgau haben an den im Mai neu gewählten französischen Staatspräsidenten François Hollande geschrieben, wegen der Sorge um das auf der elsässischen Rheinseite gelegene Atomkraftwerk Fessenheim. Das geschah im Auftrag ihrer Gemeinderäte, die darüber zuvor jeweils einen Beschluss gefasst hatten.
Die Initiative dazu war vom Trinationalen Atomschutzverband TRAS ausgegangen, dem so gut wie alle Kommunen auf der südbadischen Rheinseite beigetreten sind, die letzten zaudernden nach der japanischen Atomkatastrophe vom März 2011 und der dann flugs vollzogenen energiepolitischen Kehrtwende von Merkel und Co.. Der TRAS hatte im Mai eine Resolution verfasst, die einen Zeitplan zur "definitiven Stilllegung von Fessenheim" fordert. Um ihr mehr Nachdruck zu verleihen, sollten die Mitgliedsgemeinden jeweils noch ein eigenes Schreiben hinzufügen. Ein Entwurf dazu wurde den Gemeinden zur Verfügung gestellt, aber jede konnte natürlich Abwandlungen vornehmen. Und so fügte Volker Kieber für Gottenheim an passender Stelle den Zusatz ein, dass Gottenheim nur "30 Kilometer von Fessenheim entfernt liegt. Wir möchten auch weiterhin sicher in unserer wunderschönen Heimat leben können".
Volker Kieber hat, wie er auf Nachfrage der BZ mitteilte, das Schreiben auf Deutsch nach Paris versandt, da er sich ein korrektes Französisch nicht zutraute. Wie der nun eingetroffene Antwortbrief, unterzeichnet von Pierre Besnard, dem "Chef de Cabinet du Président de la République", belegt, ist das Bürgermeisterschreiben also nicht in der Ablage P des Elysée-Palastes gelandet. Selbiges war noch im Bötzinger Gemeinderat befürchtet worden, wo deshalb eine französische Übersetzung angeraten wurde. Offenbar ist man aber an höchster Stelle der Grande Nation sehr wohl in der Lage, auch mit Korrespondenz umzugehen, die nicht in der alten Sprache der Diplomatie, also in Französisch, abgefasst ist. Und dass man die Botschaft auch inhaltlich richtig verstanden hat, macht der in Französisch verfasste Antwortbrief deutlich. Dort wird erklärt, dass man die Sorgen betreffs Fessenheim zur Kenntnis nehme. Verwiesen wird darauf, dass die Energiepolitik eine zentrale Rolle in der geplanten umweltpolitischen Initiative der neuen Regierung einnehmen werde. Man versteht sich also beidseits des Rheins – auch wenn jeder bei seiner Sprache bleibt.