MÜLLHEIM (dop). Um den Sekt kaltzustellen ist es noch zu früh. Die Verhandlungen um die Abschaltung des Atomkraftwerks Fessenheim ziehen sich weiter hin. Liedermacher Theo Ziegler erinnerte an der 281. Montagsmahnwache des Aktionsbündnis "Stop Fessenheim" daran, dass der marode Meiler vor Badens Haustür immer noch ein Gefahrenpotenzial für die gesamte Bevölkerung darstelle. Seit dem GAU von Fukushima im März 2011 demonstriert das Aktionsbündnis unermüdlich jeden Montag um 18.30 Uhr für die Abschaltung des AKW, bei Wind und Wetter, Sonne und Regen. Die Sparkasse Markgräflerland hat den Veranstaltern dafür ihren Vorplatz überlassen.
"Es gibt viele Menschen, die nichts mehr von diesem Thema wissen wollen", sagt Dora Pfeifer-Suger, die die Montagsaktionen koordiniert und jetzt mit Flugblättern des BUND Südlicher Oberrhein auf die Passanten zugeht. Manche greifen zu, andere lächeln und lehnen ab. Ein Mann bahnt sich ärgerlich den Weg zum Eingang der Bank und rennt dabei fast die kleine Lautsprecheranlage um, die Ziegler aufgebaut hat. Der Blues, mit dem das Konzert vor etwa 20 Teilnehmern beginnt, hat etwas Melancholisch-Resigniertes.
Und es gibt ja auch keinen Grund zum Feiern. Ziegler, der schon mehrmals in Müllheim aufgetreten ist, thematisiert nicht nur den "altersschwachen Bau", der das "Zeug zum Super-GAU" hat, sondern auch die enge Verflechtung der Nutzung atomarer Energie mit militärischen Zwecken. Weitgehend unbeachtet fände derzeit im kleinen Eifeldorf Büchel eine viele Milliarden Euro teure Aufrüstung der dort stationierten 20 US-Atomraketen statt, berichtet er. Dass diese Bomben beim Einsatz von deutschen Kampfjets in ihr Ziel gebracht werden sollen, sei ein schauriges Detail dieses Themas.
Mit seinem Lied über Hiroshima versucht Ziegler das seit 71 Jahren Unfassbare in Worte zu kleiden: "Dann kam aus dem Himmel die Hölle auf Erden." Er wirbt für eine "Pilgerreise" von Friedensgruppen der evangelischen Landeskirche Baden nach Büchel, wo derzeit eine 20-wöchige Mahnwache verschiedener Gruppierungen vor den Toren des Fliegerhorstes ihr Quartier aufgeschlagen hat, eine Woche für jede dort stationierte Bombe. "Die sogenannte Friedenspolitik unserer Regierung ist in Wirklichkeit eine militärische Sicherheitspolitik", lenkt Ziegler den Blick auf die Verantwortlichen, die bisher einen vollständigen Abzug der Atomwaffen aus Deutschland verhindert haben. Man dürfe Fessenheim nicht losgelöst von dieser Thematik sehen, sagt er. Seine Lieder nehmen mal lustig, mal traurig, immer nachdenklich den atomaren Irrsinn in den Blick, die gefälligen Melodien und die soulige Mundharmonika kontrastieren mit dem galligen Thema. Ziegler spielt sie bei Mahnwachen und Demos, bei Veranstaltungen aller Art, die sich gegen die Atompolitik der Staaten und Konzerne wenden. Er fordert Widerstand im Volk "vom Spießer bis zum Rocker". Aber auch in Müllheim gehen die meisten Leute lächelnd weiter. Davon lässt sich das Aktionsbündnis nicht entmutigen. Am Samstag will man sich beim Hiroshima-Tag des Friedensrates um 10 Uhr auf dem Markgräfler Platz treffen. Und auch die 282. Montagsmahnwache am 8. August soll diese atomare Ur-Katastrophe zum Thema haben.
Informationen im Internet zum Widerstand gegen das AKW Fessenheim unter www.fessenheimstop.org