Wird das Atomkraftwerk Fessenheim Ende 2016 abgeschaltet, wie dies Frankreichs Präsident François Hollande 2012 versprochen hat? Ja, glaubt Denis Baupin, Vizepräsident der französischen Nationalversammlung. Er war in Freiburg zu Gast bei der Mitgliederversammlung des Trinationalen Atomschutzverbands am Oberrhein (Tras). Der Organisation gehören rund 100 Kommunen aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich an, außerdem Organisationen und Einzelpersonen. Auch die Stadt ist seit 2006 Mitglied.
Dort, wo sonst der Freiburger Gemeinderat tagt, ging es gestern international zu. Durch den Rathaussaal hallten deutsche, französische und schwiizerdütsche Töne. Die jährliche Versammlung findet immer an verschiedenen Orten statt, bereits vor vier Jahren trafen sich die Tras-Mitglieder in Freiburg. Doch auch wenn die Mitglieder der Organisation unterschiedliche Sprachen sprechen, haben sie ein gemeinsames Ziel. Tras will, dass das älteste Atomkraftwerk Frankreichs in Fessenheim, das nur rund 20 Kilometer von Freiburg entfernt liegt, stillgelegt wird.
Ich denke, dass Hollande sein Versprechen halten wird", sagte Denis Baupin. Schon aus politischen Gründen: Wenn Hollande 2017 wieder gewählt werden wolle, brauche er dazu die Stimmen der Grünen. Aber auch juristische Zwänge sprächen dafür, so Baupin. In Frankreich ist ein Energiewendegesetz geplant. Vor diesem Hintergrund hat auch die französische Umweltministerin Ségolène Royal jüngst in einem Schreiben an ihre deutsche Amtskollegin Barbara Hendricks die Schließung von Fessenheim bekräftigt.
Alle Anzeichen sprechen für die Stillegung
Das Gesetz sieht vor, dass die Kernkraftproduktion in Frankreich auf dem jetzigen Niveau bleiben soll. Dementsprechend muss, wenn das geplante Akw in Flamanville in Betrieb gehen soll, eine Anlage mit gleicher Leistung stillgelegt werden. Dass dies nicht Fessenheim sein wird, hielt Denis Baupin für unrealistisch. Der Vizepräsident der Nationalversammlung nannte aber auch wirtschaftliche Gründe für die Schließung von Fessenheim: Allein um das Akw auf die aktuellsten Sicherheitsstandards zu bringen, seien in nächster Zeit mehrere hundert Millionen Euro nötig. Das rechne sich bei der rund 40 Jahre alten Anlage nicht mehr.
Die Kosten der Atomindustrie waren auch das Oberthema weiterer Vorträge, die vor der Tras-Mitgliederversammlung stattfanden. Eine für Atomkraftgegner unbequeme These vertrat Markus Kühni, der in der Schweiz für die Schließung von Akw kämpft. Die von Umweltorganisationen oft geforderten Nachrüstungen erhöhten die Sicherheit der Akw meist nur marginal, so Kühni. Sie führten aber dazu, dass die Betreiber die Anlagen viel länger laufen ließen, um die Investitionskosten wieder herein zu holen – was schlussendlich deutlich gefährlicher sei: "Manche Strategie aus Umweltkreisen entpuppt sich womöglich als kontraproduktiv."
Um die Endlagerung zu bezahlen, haben die deutschen Kraftwerksbetreiber Rückstellungen gebildet. Diese seien, so erklärte der Freiburger Journalist Bernward Janzing, jedoch nur ein "bilanztechnisches Konstrukt". Zudem hätten die Konzerne die Akw in Tochtergesellschaften ausgelagert, für die sie nur noch bis Ende 2022 hafteten, so Janzing. "Am Ende wird einiges an Kosten am Steuerzahler hängen bleiben", sagte Tras-Präsdent Jürg Stöcklin. Ähnlich sieht es in Frankreich aus, wie Yves Marignac berichtete. Die realen Kosten stiegen rasant an, sagte er – und lägen weit über allen erstellten Prognosen.
www.badische-zeitung.de/freiburg/vereint-gegen-fessenheim--106153785.html