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05-10-10
Rubrik: Anti-Atom, Aktionen OV
Rückblick und Nachlese

Anti-Atom-Demonstration vom 4.10.2010 in Breisach

Die mit Demokratieverständnis, aber auch mit gesundem Menschenverstand, schwer nachvollziehbaren politischen Entscheidungen in Berlin und Stuttgart haben in breiten Teilen der Bevölkerung ein schon längst fälliges Alarmsignal ausgelöst. Die Dreistigkeit, mit der die Regierenden ihre Macht zugunsten von Kapital und Lobbygruppen ausspielen, steigt von Tag zu Tag und erreicht langsam Grenzen, wo die eigenen Anhänger beginnen sich voller Abscheu abzuwenden.

Als die Aktivisten dazu aufriefen, am 18. September nach Berlin zu fahren, um vor der Zentrale der Macht gegen die aktuelle Kernkraftpolitik zu demonstrieren, konnten sich viele die lange und auch kostspielige Reise nicht leisten. Spontan entstand im Vorstand des SPD-Ortsvereins Breisach die Idee zu einer Paralleldemo. Diese Idee war aber so kurzfristig nicht erfolgreich umzusetzen.
Als Wochen später Petra Breitenfeldt von der Umweltliste Breisach anrief und fragte, ob unser Ortsverein bei einer Bürgeraktion mitmachen würde, gab es sofort begeisterte Zustimmung. Man beschloss, das Ganze überparteilich zu gestalten und alle Bürger anzusprechen. So entstand spontan ein größeres Aktionsbündnis, an dem folgende Gruppen und Gruppierungen beteiligt waren:
Die Umweltliste Breisach (ULB) und ihre Umweltjugend Breisach (UJB), der SPD-Ortsverein Breisach, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Offene Liste Niederrimsingen (OLN) und die Initiative Fessenheim Abschalten (IFA) starteten eine Werbekampagne. Die Dachverbände (Bündnis 90 – Die Grünen, SPD-Kreisverband), aber auch Gleichgesinnte (Piraten, Violette) stiegen mit ein. Es wurden Flyer gedruckt und verteilt, Rundmails versendet und fleißig auf die altbewährte Mund-zu-Mund-Propaganda gesetzt.

Die Resonanz war riesig und so verwunderte es nicht, als am 4. Oktober 2010 mehrere hundert Menschen eintrafen. Die Redner und ihre Aussagen sowie der Verlauf des Demonstrationszuges sind an anderer Stelle ausführlich beschrieben. Hier ein paar Impressionen von einem, der dabei war.

Schon im Vorfeld war aufgefallen, dass diese Volksbewegung den Nerv vieler Bürger traf. Der Zuspruch war erfreulich groß und wenn alle, die uns Organisatoren ihr Kommen zugesichert hatten, auch tatsächlich gekommen wären, dann hätte es wirklich eng werden können in Breisach. Aber da waren doch einige am Herbsten, und der Sohnemann musste dringend irgendwohin gefahren werden, oder man hatte gesundheitliche Beschwerden… So habe ich beim Aufstieg zum Münsterberg ca. 650 Demonstrationsteilnehmer gezählt, Andreas Hoffmann beim Abstieg ca. 680. Die Badische Zeitung hat von 600 Teilnehmern berichtet. Mit all denen die sich spontan oder auch nur später dazu gesellt haben dürfte eine Gesamtteilnehmerzahl von ca. 800 realistisch erscheinen.
Die Lautstärke, mit der die Demonstranten auf sich und das Thema Aufmerksamkeit zu erregen versuchten, ist bestimmt noch steigerungsfähig. Dennoch waren alle Anwohner entlang der Demo-Strecke hellwach und beobachteten die Vorbeiziehenden von offenen Fenstern und Türen. Selten ein geschlossenes Fenster, nur ab und zu wackelnde Gardinen, hinter denen man auch noch ein paar Neugierige vermuten durfte.
Die Stimmung war ausgesprochen freundlich und friedlich. Wir Vorbeiziehende erhielten erstaunlich viel Zuspruch. Natürlich gab es auch skeptische Blicke und die eine oder andere abfällige Bemerkung.
Ich sah CDU-Gemeinderäte, die in Gartenwirtschaften saßen und ihr Viertele tranken. Auch die Frau unseres Bürgermeisters mit Sohn grüßte aus der Einkaufsmeile freundlich zurück.

So waren insgesamt sehr viele dabei - auch wenn nicht alle mitgelaufen sind.

Der Tenor der Sprechchöre, die immer wieder lautstark aufflammten, war „Abschalten! Abschalten! Jetzt! Abschalten!“ Den Slogan der Piraten fand ich persönlich äußerst kreativ und vielsagend: „Uran, Uran, UR ANgela!“ Leider schafften die jungen Leute es nicht, sich auch lautstark durchzusetzen.
Vielseitiger waren die Inschriften auf den Bannern und Plakaten. Neben den nicht mehr wegzudenkenden „Atomkraft NEIN Danke“ und „Nai hämmer g’sait!“ Slogans auch immer wieder etwas Neues:
„Sonne und Wind - Besser fürs Kind!“
„Atomfilz abwählen!“
„Atommüll strahlt 1 Million Jahre!“
„Kein Endlager in Sicht … aber noch mehr Atommüll … so geht das nicht! Jetzt abschalten … für unsere Kinder“
„Ausstieg sofort in Ost und West“
„Hände weg vom Atomausstieg!“
„Stell dir vor, es gibt ‚billigen’ Atomstrom und keiner kauft ihn!“
„Wir strahlen auch ohne Atom!“
„Unsere Kinder sollen lachen, nicht Atommüll bewachen“
„Strahlender Atommüll zu verschenken“

Gegen 19:30 löste sich die Demo dort, wo sie begonnen hatte, langsam auf.

Auf dem Weg zum Parkplatz folgte uns eine junge Familie. Die kleine Tochter war nicht zu bremsen und rief ununterbrochen weiter: „Abschalten! Abschalten! Abschalten!“ … Diese klare, unverbogene und unschuldige Stimme klang noch lange in mir nach. Wie Recht sie doch hatte!

Breisach-Niederrimsingen, den 5.10.2010 - Gustav Rosa, SPD-Ortsverein Breisach


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