Die französische Polizei hatte einiges zu tun: Immer mehr Bürger reihten sich ein, bildeten Schlangen vor Polizeirevieren. Sie wollten Anzeige erstatten wegen Gefährdung Dritter: gegen den französischen Premierminister Édouard Philippe, den Umweltminister Nicolas Hulot und den Energiekonzern EDF. In fünf Städten spielten sich diese Szenen ab: In Dünkirchen, Lyon, Bordeaux, Colmar und Thionville - allesamt liegen in der Nähe maroder Atomkraftwerke.
Aus der Gegend stammen auch die Menschen vor den Polizeistationen, darunter jedoch auch Belgier, Schweizer, Luxemburger und Deutsche. Schließlich sind die skandalträchtigen Meiler Cattenom und Fessenheim nur zwölf beziehungsweise einen Kilometer von der deutsch-französischen Grenze entfernt in Betrieb. Die Reaktoren von Fessenheim sind mit 40 Jahren die ältesten Frankreichs, Cattenom ist das drittstärkste AKW des Landes. Aufmerksamkeit erregten sie heute aus anderen Gründen.
Riskante Mängel
Zuletzt zeigte eine Studie von Greenpeace Frankreich, wie wenig die Anlagen vor Fremdeinwirkungen geschützt sind. So befinden sich die Abklingbecken, die immerhin für die Kühlung der hochradioaktiven abgebrannten Brennelemente verantwortlich sind, in dünnwandigen Lagerhallen – kaum geschützt gegen Angriffe von außen. Auch die Nachricht von vor einem Jahr erhöhte nicht die Zuversicht, dass AKW- Betreiber EDF weiß, was er da macht: Damals ging es um brüchigen Stahl, der in zentralen Elementen wie dem Druckbehälter verbaut wurde.
Diese Sicherheitsrisiken sind der französischen Regierung bekannt. Getan hat sie bislang wenig. Deshalb haben Bürger aus Frankreich, Belgien, Luxemburg, der Schweiz und Deutschland heute Anzeige erstattet: Sie wollen nicht mehr hinnehmen, dass gefährliche Meiler ihr Zuhause und ihre Gesundheit bedrohen.