Der Stromkonzern EdF stellt vorerst keinen Antrag auf Stilllegung des Pannen-AKW Fessenheim. Dies dürfte aber frühestens 2018 geschehen, heißt es aus übereinstimmenden Quellen.
Der Verwaltungsrat des französischen Energieriesen EdF hat am Donnerstag in Paris zwar grundsätzlich den Weg für einen solchen Antrag freigemacht, tritt aber bei der geplanten Schließung des Atomkraftwerks Fessenheim im Elsass laut einem Medienbericht auf die Bremse. Der nötige Antrag zur Aufhebung der Betriebserlaubnis solle erst später gestellt werden, entschied der Verwaltungsrat des Unternehmens, wie die französische Nachrichtenagentur AFP am Donnerstagabend berichtet.
Antrag erst kurz vor Inbetriebnahme von Flamanville?
Der EDF-Verwaltungsrat beschloss demnach, dass der Antrag "in den sechs Monaten" vor der Inbetriebnahme eines neuen Atomreaktors im nordfranzösischen Flamanville eingereicht werden müsse. Der Staat und die EdF hatten sich bereits grundsätzlich auf eine Entschädigung für die Schließung Fessenheims geeinigt, sobald der neue Reaktor in Flamanville am Ärmelkanal in Betrieb geht. Nach jahrelangen Verzögerungen soll dieser Reaktor nach jetzigem Stand 2019 ans Netz gehen.
Grünen-Sprecherin für Atompolitik spricht von "Affront"
Eine offizielle Bestätigung vonseiten der EdF steht zunächst noch aus. Die Grünen-Sprecherin für Atompolitik im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, sprach dennoch von einem "Affront": "Offensichtlich ist die französische Atomlobby mächtiger als die Regierung selbst." Die französische Regierung hatte darauf gedrungen, dass der Verwaltungsrat des Staatskonzerns am Donnerstag schon bald einen Antrag auf eine Stilllegung von Fessenheim stellt.
Ségolène Royal: "Gute und unumkehrbare Entscheidung"
Umweltministerin Ségolène Royal sprach trotzdem von einer "guten Entscheidung", die "unumkehrbar" sei. Nicht nur Atomkraftgegner in Frankreich, Deutschland und der Schweiz fordern seit langem eine Schließung von Fessenheim. Auch die Bundesregierung hat wiederholt auf eine Abschaltung der beiden Reaktoren gedrungen.
Hollande kann sein Wahlversprechen nicht mehr einhalten
Mit dem bislang bekannt gewordenen Votum kann die Abschaltung aber nun nicht mehr vor Ende der Amtszeit von Präsident François Hollande im Mai geregelt werden. Die Schließung des AKW war ein Wahlversprechen Hollandes gewesen. Den Stilllegungsbeschluss wollte der scheidende Staatspräsident Hollande mit ordentlichen Steuermitteln versüßen, um so sein Wahlversprechen doch noch einzulösen.
Fessenheim-Befürworter hatten vor der Sitzung des EdF-Verwaltungsrates gefordert, dass die Entscheidung bis nach den Präsidentschaftswahlen verschoben wird. Der parteilose Kandidat Emmanuel Macron hält am Abschalten fest, der Konservative François Fillon und die Rechtspopulistin Marine le Pen wollen die Lichter im AKW Fessenheim anlassen.
Immer wieder Pannen im ältesten AKW Frankreichs
In dem elsässischen Atomkraftwerk, das 30 Kilometer südwestlich von Freiburg liegt, kommt es immer wieder zu Pannen und Zwischenfällen. Kritiker verweisen zudem auf das Erdbebenrisiko in der Region und die Gefahr einer Überschwemmung bei einem Bruch des Dammes, der das AKW vom Rheinkanal trennt. Die beiden 900-Megawatt-Reaktoren in Fessenheim wurden 1977 in Betrieb genommen und sind damit die ältesten des Landes.