Mit der Zukunft der Atomenergie in Deutschland beschäftigte sich Hans-Josef Fell, der auf Einladung der Montagsmahnwache im kommunalen Kino in Breisach einen Vortrag hielt.
BREISACH. "Schafft Deutschland den Atomausstieg oder steht alles bereit für einen Wiedereinstieg Deutschlands in die Kernkraft?" Die Sicht von Hans-Josef Fell, dem grünen Mitautor des Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) und Präsident der Energy Watch Group (EWG), ist eindeutig. Eingeladen hatte ihn die Mahnwache Breisach, allen voran Gustav Rosa, in das Kommunale Kino in Breisach, um über das Thema "Atomausstieg?" zu diskutieren.
Den Einstieg bildete eine halbstündige Filmcollage der Mahnwache, beginnend mit Nachrichten über Tschernobyl im Jahr 1986, Politikeraussagen, die ein Abschalten der Kraftwerke für eine wirtschaftliche Katastrophe hielten, und eine Folge von zahlreichen Aktionen von Atomkraftgegnern im Wechsel mit Zusagen von Politikern, Fessenheim bis 2016 vom Netz zu nehmen, was bis heute nicht geschehen ist. Es gibt keine Rettungspläne, die Bevölkerung ist nicht vorbereitet. Das untermalende "Ave Maria" mit der Panflöte wirkte makaber, der Abschluss-Song von Joan Baez "We shall overcome" sollte Mut machen.
Atomkraft hat ausgedient
Hans-Josef Fell, Abgeordneter der Grünen, von 1998 bis 2013 Mitglied des Bundestags, ist Autor des Gesetzentwurfes "Erneuerbare Energien Gesetz" (EEG), das 2000 politisch durchgesetzt wurde. Das Gesetz bietet die Grundlage für die weltweit beachtete technologische Entwicklung der Photovoltaik, Biogas, Windkraft und Geothermie in Deutschland. Zudem ist Fell Präsident der Energy Watch Group, einem 2006 gegründeten, internationalen Netzwerk von Wissenschaftlern und Parlamentariern zur Untersuchung der Verfügbarkeit und Verknappung fossiler und atomarer Energieressourcen und für die Untersuchung der Ausbaumöglichkeiten erneuerbarer Energien. In seinem Vortrag navigierte Fell durch den Themenkomplex, beginnend mit dem Atomausstiegsgesetz als Basis für eine Energiewende und langfristig für eine Umstellung auf erneuerbare Energien. Kann ein Atomausstieg in Europa gelingen? Wie sieht die Situation in Deutschland aus? Vom bisher nicht vollständig erfolgten Atomausstieg in Deutschland schwenkte er zu anderen Ländern wie Süd- und Nordkorea, deren Annäherung nur gelingen könne, wenn alle Beteiligten auf erneuerbare Energien setzten. Er sprach von China und Indien, zwei Staaten, die mit ehrgeizigen Ausbauplänen für erneuerbare Energien bei der globalen Energiewende vorangehen, während die Klimapolitik der neuen US-Regierung negative Auswirkungen auf das Investitionsklima für erneuerbare Energien im Land zeitigt. Es gibt bereits Länder, die sich zu 100 Prozent mit Ökostrom versorgen wie Costa Rica oder Nicaragua. In Deutschland stoppt weiterhin die Energiewende. Kalifornien will dagegen ein Gesetz verabschieden, um zu 100 Prozent erneuerbare Energien einzusetzen. Trotz der Präsidentschaft von Trump soll die Zusammenarbeit zwischen Kalifornien und Deutschland im Klimaschutz fortgesetzt werden. Als Präsident der Energy Watch Group verwies Fell auf die Studien der EWG, die die Entwicklung in den einzelnen Ländern weltweit deutlich macht. Aber er verwies auch auf seine Website sowie auf den Newsletter des Journalisten Franz Alt, in dem Fell zu vielen Themen Stellung nimmt.
Botschaft für die Welt
Noch bestehen Zweifel, ob ein Atomausstieg wirklich gesichert ist. Aber er wird kommen, versicherte der Referent. Erneuerbare Energien seien Friedensenergien. Inzwischen wollen mehr als 50 Nationen auf erneuerbare Energien umsteigen, viele Städte sogar zu 100 Prozent. Google hat es fast geschafft, Apple will in 2010 zu 100 Prozent erneuerbar ein. Fells Sorge gilt dem Industriestandort Deutschland, an dem inzwischen viele Entwicklungen vorbei gingen. Unter den 50 großen Forscher dieser Welt seien keine deutschen Wissenschaftler mehr. Die Autoindustrie stecke in einer strategischen Krise.
Diskussion
In der nachfolgenden Diskussion ging es auch um den Schutz der einzelnen Länder, der auch durch die erneuerbaren Energien nicht gewährleistet sei. Es ging um den Austausch von Produkten wie Kobalt in Batterien, mit denen E-Autos betrieben werden. Nach wie vor gibt es die Urananreicherung in Gronau für Kernkraftwerke. Doch auch jeder Einzelne könne etwas beitragen – von Photovoltaik bis zum sparsamen Umgang mit Materialien, Recycling, Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen. Ein neues Konsummodell könnte eine Antwort sein aber auch die Solarthermie.
Link zum Bericht: http://www.badische-zeitung.de/breisach/vortrag-ueber-die-zukunft-der-atomkraft-in-deutschland