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21-01-18
Rubrik: Pressebericht, Fessenheim
Die Entscheidung steht

Paris plant die Zeit nach dem AKW FESSENHEIM – Staatssekretär Lecornu will mit deutscher Seite Jobs schaffen


AKW-Beschäftigte protestieren am Freitag gegen die Schließungspläne, Sébastian Lecornu plant derweil die Zeit nach dem Abschalten. Foto: a f p

Das Abschalten des störungsanfälligen Atomkraftwerks Fessenheim in den nächsten zwölf Monaten ist offenbar nur noch eine Formsache. Umwelt-Staatssekretär Sébastian Lecornu sprach bei seinem Besuch in Fessenheim in dieser Woche über Pläne für die Zeit nach dem Aus der beiden Reaktoren. KLAUS RIEXINGER

Das jahrelange Hin und Her um das Abschalten des maroden Atomkraftwerks Fessenheim scheint ein Ende zu finden. Jetzt gehe es nicht mehr um die Frage, ob das Atomkraftwerk vom Netz gehe, sondern darum, was in der Region danach geschehe, sagte Umweltstaatssekretär Sébastian Lecornu bei seinem dreitägigen Besuch am Ende dieser Woche in Fessenheim. Der 31-jährige Lecornu gilt als Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron und als politisches Talent in Frankreich.

Zwar kam es von Werksangehörigen wieder zu Protesten gegen die Schließungspläne. Doch selbst den Atomkraftbefürwortern im Elsass dämmert es, dass es diesmal ernst wird mit der Schließung. „Alles, was Rang und Namen hat im Elsass, war da: Regionalpräfekt, Regionalpräsident, Chefin des Departements, Abgeordnete, Kammerpräsidenten, viele Bürgermeister“, sagte Klaus  Schüle,  stellvertretender Leiter der Stabsstelle für grenzüberschreitende  Zusammenarbeit, der Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer begleitete. Schäfer war von Lecornu zu einem Arbeitsfrühstück eingeladen worden. Für Schüle war es nicht zu übersehen, dass die Politik im Elsass Vertrauen in das Vorgehen der Regierung schöpft. Das habe viel mit dem professionellen Vorgehen Lecornus zu tun. Beobachter sprachen von einem mustergültigen Einbinden aller Beteiligten.

Der Staatssekretär traf sich zuerst mit den Arbeitnehmern, um über neue Arbeitsplätze zu sprechen. 1200 Menschen beschäftigt die EDF in ihrem Atomkraftwerk am Rhein. Weitere 1000 Arbeitsplätze sollen indirekt am AKW hängen, berichten französische Medien. Die Rede ist von 330 Dienstleistern und Handwerkern, vom Elektriker bis zum Bäcker. Es steht also viel auf dem Spiel. Lecornu sagte  aber unmissverständlich, dass die Entscheidung getroffen sei. Wenn er im April wieder nach Fessenheim komme, wolle er von der EDF einen konkreten Zeitplan. Zuletzt habe die EDF von einem Ende der Anlage Ende 2018 oder Anfang 2019 gesprochen. Gekoppelt ist das Abschalten aber noch immer an die Inbetriebnahme des neuen Druckwasserreaktors in Flamanville in der Normandie. Insider gehen allerdings davon aus, dass Fessenheim in jedem Fall vom Netz genommen werden soll – selbst wenn es in Flamanville zu weiteren Verzögerungen kommen sollte.

„Spätestens mit dem heutigen Tag ist die Entscheidung zur Abschaltung politisch irreversibel“, sagte Klaus Schüle am Freitag.
Selbst Claude Brender, der streitbare Bürgermeister von Fessenheim,  der  sein  Atomkraftwerk am liebsten bis 2030 laufen lassen würde, zollte dem Staatssekretär Respekt für seinen stilvollen Auftritt in der 2400-Einwohner-Gemeinde.
Die sozialistische Vorgängerregierung hatte sich viel Kredit in der Region durch unglaubwürdige Pläne, wie die Ansiedlung eines Werkes des US-Elektroautoherstellers Tesla bei Fessenheim, verspielt.

Paris sucht eine deutsch-französische Lösung

Bis April soll nun der Präfekt von Colmar die notwendigen Vorarbeiten für die Pläne nach dem Ende des AKW ausgearbeitet haben. Ideen gibt es viele. Zum Beispiel ein schon länger diskutierter grenzübergreifender Gewerbepark. Nun aber macht sich die französische Regierung diese Initiative zu eigen. Es werde eine „deutsch-französische Antwort“ auf die Beschäftigungsfrage geben, kündigte Lecornu an. Zur Umsetzung wurde eine Lenkungsgruppe eingesetzt, an der auch deutsche Vertreter aus Kommunalpolitik und Wirtschaft beteiligt werden sollen.

Die deutschen Gäste zeigten sich am Freitag beeindruckt, wie sehr Paris für die Zeit nach dem Abschalten auf die Zusammenarbeit mit Deutschland setzt. Die Voraussetzung dafür scheinen bestens geeignet. Während es auf deutscher Seite an Bauland für Gewerbe und an Fachkräften mangelt, ist die Arbeitslosigkeit im Elsass noch immer hoch, und Bauland für mögliche Neuansiedlungen steht ausreichend zur Verfügung. Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer nahm die Offerte dankbar an und betonte, dass „wir gerne an eurer Seite stehen“.

Lecornu forderte die Regierungspräsidentin auf, ebenfalls bis April Ideen auszuarbeiten. Im Gespräch ist auch eine Wiederinbetriebnahme der Eisenbahnstrecke zwischen Freiburg und Colmar. Im Elsass sind bis Volgelsheim noch Schienen verlegt. Zwei Kilometer bis zum Rhein und die Eisenbahnbrücke fehlen allerdings. Schäfer kann sich gut vorstellen, einen künftigen binationalen Gewerbepark mit einer Eisenbahnstrecke zu verbinden. Wie realistisch solche Ideen sind, will das Regierungspräsidium nun prüfen.

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 Online Kommentare
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Gustav Rosa: 21. Jan 2018 - 12:24 Uhr

Jetzt hat das AKW Fessenheim die erste Seite der Gesamtausgabe "erobert". Die endgültige Entscheidung ist gefallen. Es liegt auch an uns, wie schnell diese Entscheidung umgesetzt wird. Das Regierungspräsidium zeigt den richtigen Weg.

Aber keine Zeit um sich zufrieden zurückzulehnen!

"Lecornu forderte die Regierungspräsidentin auf, ebenfalls bis April Ideen auszuarbeiten." Jetzt sind auch alle anderen gefragt: Politik und Wirtschaft können und müssen mithelfen.

Die Protestbewegung hat das schon 2012 erkannt. Seither heißt es untere anderem auch:
"Fessenheim JA, Atomkraft NEIN danke!" = "Fessenheim OUI, nucléaire NON merci !"


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