Kommt es nach dem Regierungswechsel in Frankreich zur Stilllegung des Akw Fessenheim? Der frisch ernannte Umweltminister Nicolas Hulot sagt: Ja, aber nur nach Abstimmung mit allen Beteiligten.
Die Stilllegung des Akw Fessenheim ist mit dem Regierungswechsel in Frankreich in greifbare Nähe gerückt. Der neue französische Umweltminister Nicolas Hulot hat im französischen Fernsehen am Donnerstagabend angekündigt, er werde in Bezug auf Fessenheim den von seiner Vorgängerin beschrittenen Weg weitergehen.
Wörtlich sagte der am vergangenen Mittwoch ernannte Minister für die Energiewende: "Es war die letzte politische Handlung Ségolène Royals, ich habe versprochen, zu bewahren, was sie erreicht hat und deshalb wird sie stattfinden", versicherte Hulot, wobei er betonte, dass er auf eine Abstimmung aller Beteiligten Wert lege.
Forderungen aus Freiburg
Dies wäre auch ganz im Sinne deutscher Grünen-Politiker. Nach Bekanntwerden der neuen französischen Regierungsmannschaft hatte unter anderem die Freiburger Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae diese Woche gefordert, die Bundesregierung solle sich in Frankreich für eine endgültige Stilllegung Fessenheims einsetzen.
Nicolas Hulots Amtsvorgängerin Royal hatte noch kurz vor dem Regierungswechsel in Frankreich per Dekret die Abschaltung des ältesten französischen Akw per Dekret verfügt. Dies, obwohl sich der Verwaltungsrat des Akw-Betreibers Electricité de France (EDF) nicht auf einen Zeitpunkt für die geforderte Abschaltung hatte festlegen wollen. Sowohl die Gemeinde Fessenheim, unterstützt von Region und Département, wie EDF-Gewerkschafter haben inzwischen gegen das Dekret Klage eingereicht.
Ausgleichende Maßnahmen versprochen
Staatspräsident Emmanuel Macron hatte während des Wahlkampfes im Februar versprochen, die Schließung von Fessenheim müsse zu Ende geführt werden, allerdings begleitet von ausgleichenden Maßnahmen, um vor Ort wirtschaftliche Aktivität zu schaffen.
Just auf solche Vorschläge hatte man in der Region von der sozialistischen Vorgängerregierung fünf Jahre vergeblich gewartet. François Hollande hatte zwar im Herbst 2012 einen hohen Beamten eingesetzt, der mit den Kräften vor Ort Vorschläge für einen wirtschaftlichen Ausgleich hatte ausarbeiten sollen. Der erste Amtsinhaber war gleich bei seinem Antritt von den Akw-Beschäftigten abgewiesen worden. Auch von seinen Nachfolgern war keine konkreten Vorschläge an die Öffentlichkeit gedrungen, wie der enorme Einschnitt in den lokalen Arbeitsmarkt bei etwa 1000 Jobs am Akw-Standort Fessenheim hätte aufgefangen werden sollen.
Gibt es eine Vision?
Hulot betonte deshalb auch in besagtem Interview, dass sich Frankreich nicht von heute auf morgen von der Atomenergie verabschieden könne. Der Übergang müsse geplant werden, so Hulot. "Hinter der Atomkraft stehen Männer und Frauen, die Dinge diktieren sich nicht einfach von oben, es braucht dafür eine Vision."
Die Ernennung des konservativen Edouard Philippe zum Premierminister hatte im Lager der französischen Anti-Atomkraftaktivisten Zweifel an den Worten des neuen Staatspräsidenten gesät. Philippe war vor einigen Jahren nicht nur Pressesprecher des französischen Atomkonzerns Areva. 2015 stimmte er auch als Abgeordneter in der französischen Nationalversammlung gegen Royals Energiegesetz, das Voraussetzung für eine künftige Abschaltung des Akw Fessenheim ist.
Hulot selbst hat sich erst 2011 nach der nuklearen Katastrophe von Fukushima zum Atomkraftgegner gewandelt. Zuvor befürwortete er die Nutzung der zivilen Atomkraft in Frankreich – um des Klimaschutzes willen.
Online Kommentare:
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Helmut Bieber: 19. Mai 2017 - 12:21 Uhr
Abstimmung aller Beteiligten...ausgleichenden Maßnahmen, um vor Ort wirtschaftliche Aktivität zu schaffen... die Dinge diktieren sich nicht einfach von oben, es braucht dafür eine Vision...
Also kurz zusammengefasst: Da tut sich so schnell nichts und verbindliche Zusagen gibt es ja auch keine. Die wirtschaftliche Lage im Elsass geht vor die Schicherheit der Menschen auf beiden Seiten des Rheins. Und wenn es in dieser Zeit einen Unfall geben sollte ist die wirtschaftliche Lage eh auf beiden seiten gelöst...
Gustav Rosa: 19. Mai 2017 - 21:22 Uhr
"… der enorme Einschnitt in den lokalen Arbeitsmarkt bei etwa 1000 Jobs am Akw-Standort Fessenheim…"
Also liebe Leute, jetzt lassen wir die Kirche erst einmal im Dorf!
Für die oben zitierten Halbzeilen gibt es keine Belege. Der Stilllegungsprozess dauert Jahre, der Rückbau Jahrzehnte. Die nicht mehr benötigten Arbeitskräfte werden verlagert, die neuen können für Aufschwung sorgen. Wenn parallel dazu neue Wirtschaftszweige angesiedelt werden und eine enge Kooperation mit den Nachbarn aus Südbaden endlich konkrete Züge annimmt, dann trauert in ein paar Jahren niemand mehr dem Fossil AKW Fessenheim nach.
Unsere Freunde von der gegenüberliegenden Seite des Rheins brauchen keine weiteren erhobene Zeigefinger sondern tatkräftige Unterstützung!
Hollande und Royale sind Vergangenheit, Macron und Hulot sind die Zukunft…
J'aime Fessenheim sans nucléaire !
Thorsten Funk: 19. Mai 2017 - 23:02 Uhr
Herr Bieber, Sie haben zumindest die Situation vergangener Jahre treffend umschrieben. Man fragte sich manchmal, welche Teil-Aspekte noch irgendwo her "auftauchen" würden, die angeblich alle wichtiger sein wollten als der Lebensraum unzähliger Menschen im Dreiländereck.
Nach meiner Einschätzung hatte Präsident Hollande anfangs ernsthafte Absichten. Da er mit seiner Politik im eigenen Land zunehmend einen schlechten Stand hatte, wurde ein umstrittenes Thema womöglich auf die lange Bank geschoben bzw. schrittweise politisch "geopfert". Gegenüber "energi(e)schen" Machtverhältnissen fehlte Durchsetzungskraft. Leider umso mehr, wenn es um das liebe (fehlende) Geld geht. Was NICHT sein darf, wenn es um äußerst kritische Sicherheitsfragen geht, stimme ich mit Ihnen überein.
Dem neuen Präsidenten ist dabei eine glücklichere Hand zu wünschen. Damit er sich ohne Verzögerung an Themen wagt, die nicht "nur" Verantwortung gegenüber einer relativ "überschaubaren" Zahl an Arbeitsplätzen beinhaltet, sondern vielfach mehr gegenüber allen Menschen in den Regionen...