Das "Aktionsbündnis Fessenheim stilllegen. Jetzt." hatte zur Großdemo aufgerufen. Fast alle Organisationen, Gruppen und Gruppierungen aus dem Dreyeckland waren bei der Organisation und bei der Ausführung dabei. Trotz Schlechtwettervorhersage kamen insgesamt über 5000 Menschen aus Südbaden, dem Elsass und der Schweiz vor die Tore des AKWs und forderten einstimmig: Beide Reaktoren müssen sofort abgeschaltet werden!
Schon der Vortag gestaltete sich vollkommen chaotisch. Die Wettervorhersage war äußerst schlecht, und es herrschte Uneinigkeit über den Standort der Kundgebung. Keine guten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Aktion.
Und dann kam alles anders...
Am Sonntag Morgen strahlte die Sonne vom tiefblauen Himmel. Bei milden Frühlingstemperaruren begannen die Vorbereitungen. Im Park vor der Maison des énergies EDF war der Aufbau der Pavillons voll im Gange, als plötzlich die Ordner von der Demoleitung kam: Wir gehen vor das AKW! Also Abbau und ab die Post.
Die Gendarmerie hatte von dem Parkplatz gegenüber der Behelfszufahrt zum Reaktorgelände einen Teil für uns "reserviert". Dort wurden in Windeseile die Bühne und die sonstigen Aufbauten hergerichtet. Ich suchte verzweifelt nach Ordnern und schickte diese zum alten Standort, um die Besucher umzulenken.
Gleichzeitig nahm der Leiter der Einsatztruppe, Monsieur le Colonel, Kontakt zu uns auf. Auch hier schien alles schief zu laufen. Sein Deutsch war so gut wie mein Französisch - also gerade einmal auf ein paar Brocken beschränkt. Wir einigten uns auf Englisch, was zwar auch keinen fließenden Dialog ermöglichte. Trotzdem verstanden wir uns über die ganze Zeit hinaus blendend und arbeiteten perfekt zusammen.
Später kam auch der "Hauptamtsleiter" der Prefecture de Colmar dazu. So erfuhr ich, dass wir zwar auf den abgetrennten Teil des Parkplatzes durften, aber dafür Sorge zu tragen hatten, den Straßenverkehr nicht zu behindern. Das ging eine Weile gut, bis sich der Platz langsam zu füllen begann. Als dann die Massen in Strömen eintrafen, wurde kurzentschlossen zuerst eine Fahrbahn und dann die ganze Straße gesperrt. "Too much people!" war die Argumentation für diese spontane Entscheidung.
Und der Zustrom der Demonstranten riss nicht ab. Inzwischen waren die Zufahrtsstraßen weiträumig abgesperrt worden. Was viele der "Umgeleiteten" als Schikane empfunden haben, war der spontanen Entwicklung der Situation geschuldet: Niemand hatte mit diesem gewaltigen Zustrom gerechnet. Selbst als die Kundgebung schon längst beendet war, trafen immer noch Nachzügler ein. So fällt es schwer, die genaue Anzahl der Teilnehmer zu bestimmen. Zählt man alle zusammen (Leute auf dem Platz, auf der Straße und auf dem ursprünglich geplanten Standort, so könnten es auch 5000 gewesen sein. Die französischen und deutschen Medien berichten von 3500 bis 4000.
Das Programm lief dann relativ planmäßig über die Bühne. Theo Ziegler bestritt musikalisch das Vorprogramm, Buki sang zwischen den Reden. Ute Mössner und Claude Ledergerber moderierten zweisprachig. Die Reden von Rebecca Harms, Ruedi Rechsteiner und Denis Baupin fanden gutes Gehör und wurden mit großem Beifall bedacht.
Pünktlich um 13:00 Uhr starteten die Läufer den marathonähnlichen "Lauf für das Leben". Es ging über die Rheinbrücke bis hoch ins Wiesental nach Schönau , wo der harte Kern der Gruppe gegen 18:00 Uhr mit einem kleinen Festakt empfangen wurde. Nach letzten Informationen sind viele nur etappenweise mitgelaufen. Einige sind auch auf der Strecke dazu gestoßen. Am Wiedener Eck soll es bei heftigem Regen einen kurzen Zwischenstopp gegeben haben.
Die Stromrebellen Ursula und Michael Sladek haben Ehrenmedaillen verteilt.
Die angeraumte Pressekonferenz wurde kurzentschlossen verlegt und fand unter freiem Himmel hinter der Bühne statt
Den Abschluss der Kundgebung in Fessenheim bildete die markgräfler Band "Brutto Tempo", die den verbliebenen Besuchern mächtig einheizten. Leider trafen sie nicht unbedingt den Geschmack des Publikums. Auch herrschte inzwischen schon eine große Aufbruchstimmung. Mit etwas Mühe gelang es uns Ordnern zusammen mit der Gendarmerie die Straße freizumachen. Sie wurde dann auch schnell für den normalen Verkehr geöffnet.
Zur Nachfeier trafen sich die Organisatoren, Redner und ein paar Gäste in den Räumlichkeiten der Fa. Ltec im Industriegebiet Fessenheim. Bei einem veganen Buffet wurde mit Sekt und Selters der erfolgreiche Verlauf der Großkundgebung gefeiert.
Fazit: Trotz aller Widrigkeiten im Vorfeld war die Großdemonstartion vom 26.04.2015 äußerst erfolgreich. Unter den mehreren tausend Besuchern waren erfreulich viele junge Familien mit Kleinkindern dabei. Auch waren fast alle Organisationen, Parteien, Gruppen und Gruppierungen aus Südbaden, dem Elsass und der Nordschweiz vertreten.
Text und Fotos: Gustav Rosa ::: SPD-Breisach + Irmgard Orthmayr ::: privat + Susanne Wendling ::: privat
Weitere Berichte unter:
http://www.dna.fr/edition-de-guebwiller/2015/04/26/3500-pour-la-fermeture
http://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/ruedi-rechsteiner-mahnt-an-der-fessenheim-demo-129078361
http://france3-regions.francetvinfo.fr/alsace/2015/04/26/fessenheim-des-milliers-de-manifestants-demandent-l-arret-de-la-centrale-712499.html
http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/atomkraftgegner-marschieren-demos-in-fessenheim-und-philippsburg/-/id=1622/did=15438320/nid=1622/142f1nh/index.html
http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/4000-demonstranten-fuer-abschaltung-fessenheims--103961304.html
http://www.badische-zeitung.de/titisee-neustadt/die-enkel-sind-fuer-mich-die-beste-motivation--103956222.html
http://www.von-fessenheim-nach-schoenau.de/
http://www.fessenheimstop.org/
https://www.youtube.com/watch?v=cdE3AAIiX5Y&feature=youtu.be