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Sonntag, 17.09.2017

Das Atomkraftwerk Fessenheim hat ausgedient.

In Anlehnung an das "Baustellenfest", das Breisach im Rahmen des verkaufsoffenen Sonntags am 17.09.2017 gefeiert hat, war die Bevölkerung aus Südbaden, dem Elsass und der Nordschweiz, sowie alle Organisationen, Gruppen und Gruppierungen, kirchliche und bürgerliche Institutionen, alle Parteien und Personen die politische Verantwortung tragen aufgerufen, an der Kundgebung "Rückbaustelle Fessenheim" teilzunehmen und damit ein Zeichen zu setzen für die sofortige und endgültige Stilllegung des Atomkraftwerks Fessenheim, für den Ausstieg aus der Atomenergie und den Umstieg auf regenerative Energien im Dreyeckland.

Hier die Presseberichte aus der Badischen Zeitung und vom L'Alsace.

Ablauf

Die Organisatoren trafen eine Stunde vorher ein. Es wurde überprüft, ob der landwirtschaftliche Hänger schon vor dem Münster stand und ob der Parkplatz vor dem Edeka-Neukauf Einkaufzentrums frei war. Dieser wurde mit Signalhüten abgesperrt und das Mahnwacherauto blockierte zusätzlich die Zufahrt an der Ihringer Landstraße.
Am anderen Ende des Parkplatzes wurden zwei Ordner postiert, die die ankommenden PKWs zu den umliegenden Parkplätzen lotste.

Die Mitglieder der Trommlergruppe Brasilikum trafen nach und nach ein und packten ihre Instrumente aus. Auch Eckart Zöllner hatte seine Drehorgel aufgebaut und unterhielt die ersten Besucher auf dem Sammelplatz.

Zwischendurch wurden die neuen Schlachtrufe RÜCKBAUEN - JETZT! und FESSENHEIM EN VACANCE - POUR TOUJOURS geübt.

Jetzt musste alles schnell gehen. Gustav verteilte die Ordnerumhänger und drückte jedem eine Anweisung mit Beschreibung des Aufgabenbereichs in die Hand. Ebenfalls ausgegeben wurden Handzettel, die an die ankommenden Besucher ausgehändigt wurden, worauf Ablauf und Auflagen erklärt wurden. Das ersparte Einzelgespräche und somit wertvolle Zeit.

Das Koordinationsgespräch mit der Polizei verlief kurz und bündig. Man sicherte einander zu, dass es keine Abweichungen von den geplanten Abläufen geben werde.

Dann bat auch ein Fernsehjournalist (den Sender, für den er drehen wollte habe ich nicht verstehen können) um ein Interview. Da er wenig deutsch, gut englisch und perfekt französisch sprach gehe ich davon aus, dass es sich um den angekündigten Fernsehreporter aus dem Elsass handelte.
Auch der Berichterstatter der Badische Zeitung erschien kurz vor dem Start.

Eckart Zöllner war inzwischen mit seiner Drehorgel Richtung Neutorplatz aufgebrochen. Brasilikum hatten sich warm getrommelt und stellten sich vor der Einfahrt auf. Inzwischen war auch das eigens für diese Kundgebung gefertigte neue Banner eingetroffen. Alles hat so perfekt funktioniert, dass die Startenden noch vier Minuten warten mussten, bevor es dann um 13 Uhr pünktlich losging. Ein Wink genügte, und er Verkehr in der Ihringer Landstraße wurde angehalten. Ein Polizeiauto bezog vorne Position. Die Trommlergruppe stellte sich dahinter auf und anschließend folgten die Teilnehmer.

Mit lautem Getrommel bewegte sich die noch relativ überschaubare Menge in Richtung Neutorplatz. Nachzügler strömten aus allen Richtungen herbei und vor dem Kiesparkplatz warteten die inzwischen über die Rheinbrücke marschierten Mitstreiter aus dem Elsass. Dieser Anblick ließ eine anfänglich aufgekommene Enttäuschung über die relativ geringe Teilnehmerzahl schnell vergessen.

Beim Eintreffen auf dem Neutorplatz hatte der Demonstrationszug eine ansehnliche Länge erreicht. Ein Meer von Fahnen und Bannern zeigte Breisach, dass hier Deutsche und Franzosen gemeinsam und Hand in Hand für den sofortigen Rückbau des ältesten Atomkraftwerks Frankreichs in Fessenheim marschieren. Die ersten Sprechchöre taten sich mit dem neuen Schlachtruf RÜCKBAU noch schwer. Immer wieder wurde ABSCHALTEN gerufen - was auf das zurzeit abgeschaltete AKW weniger zutraf.

AUf dem Neutorplatz begrüßte der stellvertretende Bürgermeister, Lothar Menges, im Namen der Stadt Breisach die Teilnehmer. Er sicherte seine Unterstützung zu, alles Mögliche zu tun, damit das zurzeit abgeschaltete AKW Fessenheim auch abgeschaltet bleibt.

Eckart Zöllner spielte auf der Drehorgel das Brysacher Mahnwacherlied, das engagierte ortsansässige Bürger schon vor ein paar Jahren mit aktuellem Text versehen hatten. Leider war das nur in den ersten Reihen zu hören. Eine entsprechende Beschallung des ganzen Zuges ist an unseren begrenzten finanziellen Möglichkeiten gescheitert.

Dafür waren die Trommler umso lauter zu hören. Es ging weiter über die Stuckgasse in die Richard-Müller-Straße. Inzwischen hatten sich, anfangs noch etwas zögerlich, auch einige Passanten in unseren Zug eingereiht. Fast alle Fenster und Türen gingen auf und neugierige Blicke folgten uns. Es gab wackelnde Gardinen, skeptische Blicke aber auch viel Zustimmung.

Der zweite bewegende Moment war der Durchmarsch durch das Gutgesellentor. Hier verstärkte das Echo des mittelalterlichen Gemäuers den Schlag der Trommeln noch einmal um ein Vielfaches. Jetzt ging unsere Botschaft im wahrsten Sinne des Wortes durch Mark und Bein.

Auch in der Münsterbergstraße das gleiche Bild mit weit geöffneten Fenstern aber auch mit Wackelvorhängen. Auf Höhe des Cafe Galerie Etoile die nächste Überraschung: Junge Aktivisten von Robin Wood seilten sich an der Münstermauer ab und rollten ein Riesentransparent aus: "Tschernobyl, Fukushima, ... Fessenheim? Abschalten für immer!" Gut gemacht Robin Wood!

Der Rest des Weges bis zum Münsterplatz ist dann schnell zurückgelegt. Während Brasilikum die letzten Kräfte mobilisiert und den Münsterplatz noch einmal lautstark erbeben lässt, arbeitet Theo noch fleißig am Aufbau der Musikanlage. Alles hatte sich etwas verzögert, weil das Anbringen einer Zeltplane ungeplant viel Zeit in Anspruch genommen hatte. Dafür gab es dann ein trockene Bühne.

Michael spielte als Welturaufführung das Lied "Nai hämmer g'sait" begleitet auf der Trompete von Jörg Künzer. Dann begann der zweite Teil der Kundgebung. Gustav und Suzy führten zweisprachig durch das Programm.

Das Organisationsteam, das Aktionsbündnis Fessenheim stilllegen. Jetzt!, Stop Fessenheim Alsace, die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen und die Montagsmahnwache Breisach begrüßen ganz herzlich alle Teilnehmer. Hallo Freiburg und Breisgau, hallo Markgräflerland, salut Alsace, hallo Kaiserstuhl. Und von weiter her: Hallo Trier, salut Bure und hop Schwyz.

Bevor ich zum weiteren Ablauf unserer Kundgebung wechsele, ein herzlichen Dankeschön und einen Riesenapplaus für die Power Percussion Gruppe Brasilikum aus Freiburg. Sie haben uns durch Breisach geführt und dafür gesorgt, dass wir gehört wurden. Merci Brasilikum.

Ebenso ein herzliches Dankeschön an Eckhart, der mit seiner Drehorgel nicht nur die Kinder begeistert hat.

Und einen extra Applaus für unsere Münsterwandkletterer. Danke Robin Wood - eure Überraschung ist gelungen. Ihr habt ein weiteres Ausrufezeichen für unsere Aktion gesetzt.

Danke an August Wagner, der diesen Hänger hochgefahren und an den Münsterpfarrer, der uns den Stromanschluss ermöglicht hat. Danke an die Stadtverwaltung sowie an die Polizeidirektion Breisach - die Zusammenarbeit ist wie immer reibungslos abgelaufen.

Zwischendrin noch eine Durchsage in eigener Sache. Unser Team scheut keine Mühe und verrichtet unentgeltlich und ehrenamtlich alle Arbeiten die zur Planung, Organisation und Durchführung unserer Kundgebung nötig sind. Aber Flyer, Plakate und Material kosten Geld. Wir haben keine Sponsoren und sind auf Spenden angewiesen. Darum bitten wir euch, mit einem kleinen Beitrag dazu beizusteuern, damit wir unsere Unkosten decken können. Für größere Beträge können wir Spendenquittungen ausstellen. Spendendosen und Büchsen sind unterwegs und stehen auch hier vor der Bühne. Wir bedanken uns schon jetzt ganz herzlich.

So und jetzt übernehmen die lokalen Antiatombarden um Theo Ziegler den musikalischen Teil. Ihre Lieder begleiten uns seit Jahren und Jahrzehnten und die Texte müssen des Öfteren an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Danke für eure Treue und für die Kreativität, mit der es euch immer wieder gelingt, unsere satten und zufriedenen Zeitgenossen von der bequemen Couch weg her auf unsere Kundgebungen zu bewegen. Die Musiker werden später noch einzeln vorgestellt werden. Applaus für Theo Ziegler und sein Team…

Wie schon angekündigt: Dieser Kundgebung soll bewusst ein neuer und völlig anderer Charakter verliehen werden. Die aktuellen Ereignisse schreien regelrecht danach, entsprechend darauf zu reagieren. Seit einem knappen Monat produziert das Atomkraftwerk keinen Strom mehr! Beide Reaktoren sind abgeschaltet und weder im Elsass noch in Südbaden sind die Lichter ausgegangen. Dafür haben wir über Jahre und Jahrzehnte geschwitzt oder gefroren, uns einen Sonnenbrand oder durchnässte Klamotten geholt; Manchmal haben wir nur gehofft, manchmal waren wir enttäuscht - aber wir haben nie aufgegeben daran zu glauben. Damit hat unser alter Schlachtruf „ABSCHALTEN“ logischerweise ausgedient. Ab sofort fordern wir:
RÜCKBAUEN. JETZT!

Jetzt, wo wir kurz vor dem Ziel stehen, scheint noch niemand so recht daran glauben zu wollen. Auch die Medien reagieren verunsichert und überbieten sich in Nichtberichterstattung. Noch ist es nicht Zeit, sich selbstgefällig und zufrieden zurückzulehnen. Nein, liebe Leute, es geht uns nicht gut im Dreyeckland. So lange die Zeitbomben Fessenheim, Mühleberg und Beznau weiter vor sich hin ticken - so lange geht es uns nicht gut!
Darum ist es umso wichtiger sofort zu agieren. So haben wir versucht - entgegen bisheriger Gepflogenheiten - Protestbewegung, Bevölkerung und Lokalpolitik zusammen und gleichberechtigt auftreten zu lassen. Meine Güte war das schwer! Wir haben alle 46 Rathäuser im Landkreis angeschrieben und jeden Bürgermeister persönlich eingeladen sich in die Liste der Unterstützer eintragen zu lassen, für diese Kundgebung zu werben und daran teilzunehmen. Es gab 11 Rückmeldungen, 9 Unterstützungsbekundungen und 3 Absagen, als Redner aufzutreten. Darum mussten wir anderweitig suchen. Gefunden haben wir einen Überraschungsgast. Habt noch etwas Geduld - ich verspreche euch, mit so einem Besuch hat niemand gerechnet.

Bis es so weit ist, darf ich die erste Rednerin ans Mikrophon bitten. Sie kommt aus dem tiefsten Schwarzwald, wo die Stromrebellen Geschichte geschrieben haben. Das Märchen aus dem Schwarzwald dauert auch heute noch an. Aus Schönau, von den EWS, Tanja Gaudian.

Hier Rede von Tanja Gaudian - EWS auf deutsch und auf französisch.

Aus dem Elsass darf ich einen Mann begrüßen, den man eigentlich gar nicht vorstellen müsste. Er spricht nicht als Vorstand des trinationalen Atomschutzverbands TRAS sondern als Vertreter unserer Mitstreiter aus dem Elsass. Hier ist unser treuer Weggefährte Claude Ledergerber.

Hier die Rede von Claude Ledergerber auf deutsch.

Jetzt ist es so weit. Wir lüften das Geheimnis um unseren Überraschungsgast. Wie schon gesagt, haben wir keinen Bürgermeister dies- oder jenseits des Rheins gefunden, der zur Rückbaustelle eine Rede halten wollte. Anstatt zu resignieren waren wir erfinderisch und haben uns einen idealen, fiktiven Bürgermeister „zusammengestrickt". Jetzt öffnet bitte alle eure Ohren und schließt für einen Augenblick die Augen. Stellt euch euren idealen Lokalpolitiker vor: Einen Mann, eine Frau, deutsch, französisch? Jeder so, wie er es will.
Meine Damen und Herren, Mesdames et Messieurs, Ladies and Gentlemen, Rückbaustelle Fessenheim prowdly presents - voila, bitte begrüßt unsere Überraschungsgästin Marie Musterfrau aus Musterdorf.

Hier die Rede des Überraschungsgasts auf deutsch und auf französisch.

Unser letzter Redner kommt aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Atomkraftwerks. Er ist unermüdlich als Aufklärer seiner Landsleute unterwegs. Und wenn knallharte Argumente nicht überzeugen können, dann muss französische Sentimentalität herhalten. Salut Gabriel Weisser.

Hier die Rede von Gabriel Weisser - CiVi auf deutsch und auf französisch.

Wir nähern uns dem Ende unserer Kundgebung. Danke für euer Kommen. Auch wenn wir Aktive öfter nur ein kleines Häuflein sind - ohne eure Unterstützung können wir wenig bewegen. Wenn jetzt auch die Politiker mitziehen, dann kann schon in den nächsten Jahren die strahlende aber unverstrahlte Zukunft im Dreyeckland Einzug halten. Neuste Informationen zum aktuellen Stand der Dinge bei unseren Mahnwachen jeden Montag in Müllheim auf dem Werderplatz und in Breisach auf dem Neutorplatz.

Einige Veranstalter des Baustellenfestes in der Breisacher Innenstadt sehen unsere Kundgebung als Konkurrenzveranstaltung. Es wurden vereinzelt Ängste geschürt, es könnte Hamburger Verhältnisse geben. Da sieht man, wie wenig diese Leute uns und unsere Aktionen kennen.
Wir haben versucht, das Baustellenfest und das Rückbaustellenfest miteinander zu verbinden. Lasst uns den Breisachern zeigen, dass wir ihren offenen Sonntag mit unserer Anwesenheit bereichern. Vorher verabschieden wir uns hier vom Münsterplatz mit einem letzten und donnernden: Rückbauen. Jetzt!

Vielen Dank, guten Appetit beim Besuch der Stände in der Innenstadt und kommt gut heim!

Bilder von Irmgard Orthmayr - Mahnwache Breisach

Bilder Gerog Löser ECOtrinova e.V.

Bilder Hans-Jochen Voigt

Bilder von Tim Christensen / Robin Wood

Bilder von Susanne Wendling - Mahnwache Breisach

Unterstützer

Das AKW Fessenheim produziert zurzeit keinen Strom, das Leben geht weiter und der überwiegende Teil der Belkerung und der lokalen Politik wollen, dass das auch so bleibt. Die Forderung lautet: "Die Vorbereitungen des Rückbaus unverzüglich einleiten!"

Hier die Unterstützer für die Rückbaustelle Fessenheim in der Reihenfolge der Anmeldung, bzw. Zusage:

Aktionsbündnis Fessenheim Stilllegen. Jetzt! (Organisator)
stop fessenheim Alsace (Organisator)
Mahnwache Breisach (Organisator)
Badisch-Elsässische Bürgerinitiativen (Organisator)

ECOtrinova e.V. - Freiburg i.Br.
SPD-Breisgau-Hochschwarzwald und SPD-Freiburg sowie die angeschlossenen Ortsvereine
BUND südlicher Oberrhein
Greenpeace - Freiburg
Die Linke - Freiburg
Fukushima nie vergessen - Freiburg
Bündnis 90 / Die Grünen - Breisgau-Hochschwarzwald und die angeschlossenn Ortsvereine
Stadt Breisach am Rhein
EWS Elektrizitätswerke Schönau eG
Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel
Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V.
RüstungsInformationsBüro e.V. (RIB)
Friedensrat Markgräflerland
AGUS Markgräflerland e.V
DGB-Kreisverband Markgräflerland
Alsace Nature
NABU Kaiserstuhl
CSFR
Gemeinde Bad Bellingen
TRAS und die Mitgliedsgemeinden
Gewerbeverein Breisach
Stadt Heitersheim
Citoyens vigilants des environs de Fessenheim
europe-ecologie les verts alsace
Gemeinde Hartheim
Confédération Paysanne
ROBIN WOOD Regionalgruppe Freiburg
Gemeinde Merzhausen
Stadt Staufen
Stadt Vogtsburg im Kaiserstuhl
Gemeinde Ihringen
Gemeinde March
Christiane Drape-Müller - Pastorin
Werner Bauer - Münsterpfarrer