Besuch von Naoto Kan, Ex-Premierminister von Japan, in Straßburg
Auf Einladung des Physikers und bekennenden Atomkraftgegners Jean-Marie Brom kam Naoto Kan gegen 11:30 Uhr im Innenhof des Straßburger Rathauses an. Der Oberbürgermeister hat sich leider nur vertreten lassen. Dafür waren ca. 100 Personnen anwesend.
Nach einer kurzen Begrüßung begann Naoto Kan mit seiner Rede.
Er sprach nur kurz von der Katastrophe, vor allem davon, dass die Einsatzkräfte es geschafft hatten, Allerschlimmstes (die Evakuierung der gesamten Region Tokyo) doch noch zu verhindern.
Danach ist es Japan gelungen, den Stromverbrauch um 10% zu senken und die regenerative Stromerzeugung um 5% zu steigern. Es wurde, ähnlich wie in Deutschland, ein EEG eingeführt.
Naoto Kan äußerte Verständnis dafür, dass Photovoltaikanlagen und Windräder von den stark an Ästhetik orientierten Franzosen abgelehnt werden. Trotzdem sei dies der einzig richtige Weg. Und letztendlich könne unser Nachbarland die Herausforderung annehmen und am Design feilen.
Die Atomkraft ist zu gefährlich viel zu teuer - der komplette Ausstieg dringend erforderlich.
Auf Gabriels Frage, was er den Menschen raten möchte, die sich vom AKW Fessenheim bedroht fühlen, hat er wörtlich geantwortet: Nur ein abgeschaltetes AKW ist sicher. Wir von der Protestbewegung sollen und müssen mit unserem Widerstand weitermachen und vor allem mit den viel zu hohen Kosten der Kernkraft argumentieren.
Claude Ledergerber und Jean-Jaques Rettig haben Naoto Kan am Ende von der ältesten Organisation am Oberrhein, CSFR, den Aufkleber mit der Margueritte überreicht. und sich bei ihm für den Besuch bedankt.
Naoto Kan wirkte während der gesamten Veranstaltung ernst und traurig. Nur ein Mal, als er beim Eintrag ins Gästebuch der Stadt von allen Seiten fotografiert wurde, hat er kurz herzlich gelacht.
Während der Pressenkonferenz, die um 15 Uhr im Europ-Parlament stattgefunden hat, hat Naoto Kan einiges wiederholt. Neu war die Aussage, die atomare Katastrophe von Fukushima sei fast so schlimm wie ein verlorener Krieg.
Seine Handlungsweise gleich nach Eintritt der Katastrophe und seine damaligen Entscheidungen habe dazu geführt, dass er als Premierminister gehen musste. Um den Atomausstieg in Japan zu forcieren hat Naoto Kan eine neue Partei gegründet, die es sich u.a. zum Ziel gesetzt hat bis 2030 auf mindestens 40% erneuerbare Energien zu kommen.
Naoto Kan kritisierte, dass er von TEPCO keine verlässlichen Informationen bekommen hatte und trotzdem zusammen mit einer Spezialeinheit aus Tokyo wohl Schlimmstes verhindern konnte.
Für die Mahnwache Breisach Ute Mößner
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Unsere Mitstreiter aus dem Elsass waren von Michele Rivasi ins Europaparlament eingeladen worden. Zwischen 16 und 18 Uhr fand eine Diskussionsrunde statt, an der sich auch weitere Europaabgeordnete beteiligten. Die Mahnwach Breisach saß als Vertretung der deutschen Protestbewegung mit am Diskussionstisch.
Trotz pünktlicher Ankunft und zügigem Durchgang durch die Sicherheitskontrollen traf ein Teil unserer Delegation mit einer Viertelstunde Verspätung im Sitzungsaal ein. Über eine halbe Stunde Wartezeit und ein Irrweg - trotz lokaler Führung - verschuldeten dies.
Nach Begrüßung durch die Gastgeberin und einer Ansprache von Naoto Kan wurden die 5 Antiatom-Organisationen aus dem Elsass und die Mahnwache Breisach gebeten, Fragen an den Ehrengast zu richten. Die Antworten waren nicht alle befriedigend. Unser Statement konnte aus Zeitmangel nicht mehr vorgetragen werden. Es wurde in schriftlicher Form übergeben.
Unter dem Strich eine weitere Erfahrung im Kampf gegen Atomkraft. Eine informative Begegnung und gute Gespräche am Rande machten diesen Tag zu einem vollen Erfolg.
Text und Fotos ab 16 Uhr: Gustav Rosa ::: SPD-Breisach